Es sind riesige Fußstapfen, die Bürgermeister Udo Ockel nach seiner 18-jährigen Amtszeit in Kirchseeon hinterlässt. Seit Sonntagabend steht fest: der Mann der nun in eben diese treten wird, heißt Jan Paeplow. Der 43-Jährige konnte 58,5 Prozent der Wählerinnen und Wähler von sich überzeugen. Damit bleibt die Marktgemeinde mindestens sechs weitere Jahre unter Regie der CSU. Paeplows Stichwahlgegner, der 60-jährige Klaus Seidinger von der Unabhängigen Wählergemeinschaft (UWG), hatte mit 41,5 Prozent das Nachsehen.
Viele Kirchseeoner kennen gar keinen anderen Bürgermeister als Udo Ockel. Die heutigen Erstwähler sind gerade zur Welt gekommen als der inzwischen 60-Jährige das erste Mal auf dem Chefsessel der Marktgemeinde Platz nahm und von da aus eine Ära geprägt hat. Dieses große Erbe muss nun der in der Kommunalpolitik noch recht unerfahrene Jan Paeplow antreten. So zumindest haben sich die 60,21 Prozent der insgesamt 8045 Wahlberechtigten Kirchseeoner entschieden. Die Beteiligung am rein als Briefwahl ausgetragenen Duell zwischen Paeplow und Seidinger war damit deutlich höher als beim ersten Urnengang vor zwei Wochen. Damals gaben lediglich 56,81 Prozent ihre Stimme ab.
Er werde noch einige Zeit brauchen, bis er das alles verarbeitet habe, sagte ein erleichterter Jan Paeplow unmittelbar nach Bekanntgabe der Ergebnisse. "Im Moment bin ich noch voller Emotionen, aber ich freue mich unglaublich." Die vergangenen Wochen und Monate bezeichnete der gebürtige Lauchhammer (Brandenburg), der derzeit noch als Pressesprecher bei der Deutschen Rentenversicherung arbeitet, als "wahnsinnig bereichernd". Er habe viele Menschen kennen lernen dürfen, die ihn unterstützt haben. Nur auf die vergangenen 14 Tage hätte Paeplow gut und gerne verzichten können: "Da sitzt man zu Hause, soll eigentlich Wahlkampf führen und kann nichts machen. Ich bin froh, dass das jetzt vorbei ist."
Nun gelte es, den Blick nach vorne zu richten. In den nächsten Wochen wolle er sich zusammen mit Amtsinhaber Udo Ockel auf die Übergabe Anfang Mai vorbereiten. Denn diese müsse besonders in der jetzigen Zeit reibungslos funktionieren: "Das Coronavirus wird auch Kirchseeon einholen, davon bin ich überzeugt. Deshalb müssen wir jetzt schon schauen, wie wir das bestmöglich organisieren."
Während sich Paeplow also bereits am Wahlabend Gedanken über die anstehenden Aufgaben machte, hielt sich die Enttäuschung beim unterlegenen Klaus Seidinger in Grenzen. "Als die Wahlempfehlung der Grünen gekommen ist, hab' ich mich schon auf das Ergebnis eingestellt", sagte er am Sonntag. Die Ökopartei hatte vergangene Woche bekannt gegeben, Jan Paeplow unterstützen zu wollen. Mit ihm als Bürgermeister ließen sich die gemeinsamen politischen Ziele rascher umsetzen, schrieb Andrea Oberhauser-Hainer in einer Pressemitteilung. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende war selber als Bewerberin um das Bürgermeisteramt angetreten, musste im ersten Wahlgang aber mit 21,52 Prozent der Stimmen die Segel streichen. Gleiches galt für Domenico Ciccia von der SPD, der 9,88 Prozent holte. Letzterer sprach sich, ebenso wie sein Fraktionskollege Thomas Kroll, unmittelbar vor der Stichwahl für Klaus Seidinger als Rathauschef aus. Diesem nützte das am Ende jedoch nichts.
Dennoch ist der gebürtige Kirchseeoner, der als Verkaufsleiter in einem Eglhartinger Autohaus arbeitet, nicht komplett unzufrieden. Angesichts der überschaubaren finanziellen Mittel der UWG im Vergleich zur CSU habe man einen guten Wahlkampf geführt und ein aus seiner Sicht respektables Ergebnis eingefahren. Seidinger hatte am Sonntag auch noch eine kleine Warnung für den künftigen Rathauschef parat: "Wir von der UWG werden jetzt im Gemeinderat weiter Gas geben und dem neuen Bürgermeister auf die Finger schauen, ob er auch alles einhält, was er versprochen hat."
Bei diesem Vorhaben wird die UWG zumindest personell gut aufgestellt sein. Die Wählergemeinschaft konnte ihre Sitze im Gremium von drei auf fünf erhöhen. Auch die Grünen und die neu im Gemeinderat vertretene FDP konnten zulegen. Während die CSU bei acht Sitzen bleibt, ist die SPD mit nurmehr vier Vertretern der große Verlierer dieser Wahl.