Kommunalwahl in Anzing:Zwei Kandidaten für das Rathaus

Kathrin Alte tritt für die CSU an, Tobias Finauer bewirbt sich für die Grünen. Beide verbindet die Sorge, dass ihre Gemeinde vom Verkehr überrollt wird. Aber auch Klimaschutz und Kinderbetreuung sind wichtige Themen

Von Philipp Schmitt, Anzing

Wenn es die Anzinger wollen, könnte auch in den nächsten sechs Jahren - wie in den zwölf Jahren zuvor - ein Mann namens Finauer Chef im Anzinger Rathaus sein. Tobias Finauer von den Grünen bewirbt sich als Nachfolger von Franz Finauer von der Unabhängigen Bürgerschaft Anzing (UBA), der nach zwölf Jahren als Erster Bürgermeister und 42 Jahren in der Kommunalpolitik aufhört. Der Politik-Newcomer Finauer hat allerdings eine starke Konkurrentin: Auch Kathrin Alte von der CSU will Bürgermeisterin werden.

Die 41-jährige Journalistin ist persönliche Referentin von Landtagspräsidentin Ilse Aigner. Wie der 45-jährige Produktdesigner Finauer ist sie bislang in Anzing im Gemeinderat noch nicht vertreten, hat aber bereits in ihrem Heimatort Stockheim und im Landkreis Kronach zwischen Coburg und Hof politische Erfahrung gesammelt. Sie war Mitglied im Gemeinderat von Stockheim und im Kreistag von Kronach, bevor sie damals noch als Studentin in Bamberg - Geschichte und Politik - ihren heutigen Ehemann, den Zweiten Anzinger Bürgermeister Florian Alte, kennen lernte. 2011 zog sie nach Anzing, gründete eine Familie, das Paar hat zwei Kinder. Auch ihr politisches Engagement setzte sie hier fort. Seit 2016 ist Alte Vorsitzende des CSU-Ortsverbands, außer um das Bürgermeisteramt bewirbt sie sich um einen Platz im Kreistag, auf der CSU-Liste steht sie auf Platz 18. "Ich habe hier eine neue Heimat gefunden", sagt Alte.

Für ihren Mitbewerber, der mit seinem Namensvetter im Rathaus nicht direkt verwandt ist, war Anzing schon immer seine Heimat: Tobias Finauer ist auf einem Bauernhof in der Ortsmitte aufgewachsen. Von 2006 bis 2012 lebte er in Berlin, bevor der dreifache Vater wieder mit seiner Familie nach Anzing zog. Zunächst hat er als Metallbauer gearbeitet und dann in Weimar an der Bauhaus-Universität Produkt-Design studiert. Derzeit ist er für eine Firma in Kirchheim tätig. Er ist seit 2017 bei den Grünen. In der Familie liegt zwar das politische Engagement, aber nicht die Vorliebe für eine Partei: Seine Mutter Rosemarie war für die CSU in Anzing früher Mitglied im Gemeinderat.

Berufsverkehr auf der A94 bei Anzing, 2018

Der Ausbau der Autobahn führt in der Gemeinde Anzing zu Rückstau und Ausweichverkehr.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die UBA, die bisher den Rathauschef stellte, hat diesmal keinen Bewerber aufgestellt, auch die SPD verzichtet. Die beiden Bewerber haben schon konkrete Ideen für Anzing, die sie gern verwirklichen würden. Finauer, der sich schon als Jugendlicher in Anzing für einen Jugendraum eingesetzt hat, will auch künftig in diesem Bereich etwas bewegen. Er wolle sich für die jungen Menschen, die ihren Treff derzeit in einem Bauwagen haben, weil ihr Raum für den Kindergarten gebraucht wird, einsetzen, sagt er.

Kathrin Alte ist in Vereinen, im Pfarrgemeinderat und zum Beispiel als Schulweghelferin engagiert. Die Kandidatin betont zwar, dass die Parteipolitik in der Gemeinde nicht im Vordergrund stehen soll. Sie hat aber gute Verbindungen nach München in der CSU: Sie arbeitete als Geschäftsführerin des CSU-Bezirks Oberbayern und für die Landtagsfraktion. Mit Landtagspräsidentin Ilse Aigner sei sie als deren Referentin "ein gutes Team". Weil der Anzinger Bürgermeister hauptamtlich tätig ist, würden beide Kandidaten im Falle ihrer Wahl ihre Jobs schweren Herzens ruhen lassen, hieß es. Beide würden als Bürgermeister eng mit erfahrenen Gemeinderäten zusammenarbeiten.

Auch sonst gibt es einige Gemeinsamkeiten, beispielsweise beim Thema Verkehr: Beide Kandidaten wollen den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) und die E-Mobilität in Anzing verbessern. Seit der Freigabe der A 94-Isentaltrasse hat Rückstau und Ausweichverkehr in Anzing zu neuen Problemen im Berufsverkehr geführt. Die Lage habe sich zugespitzt, es sei dringender Handlungsbedarf vorhanden, hieß es. Verkehrschaos und Lärm sorgen für Unmut im Ort. Kathrin Alte fordert ein Tempolimit auf der A94, wie es Ministerpräsident Markus Söder seit Februar teilweise auf der Isental-Trasse veranlasst hat. Zudem seien Lärmschutz-Maßnahmen und Verkehrskonzepte erforderlich. In einem interkommunalen Forum der Nordgemeinden müsste Anzing mit den Nachbargemeinden Markt Schwaben, Poing, Pliening, Vaterstetten, Forstinning Interessen bündeln.

Tobias Finauer, GRÜNE Anzing BGM Kandidat

Bürgermeisterkandidat Tobias Finauer (Bündnis 90/Die Grünen).

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Als Vorsitzende des CSU-Ortsverbandes hat sich Alte mit den Bürgermeistern aus Anzing und Forstinning und mit dem CSU-Landtagsabgeordneten Thomas Huber mit einem Schreiben an Söder gewandt und um rasche Hilfe gebeten: "Anzing ist keine Insel, wir müssen das Thema gemeinsam angehen und unsere Interessen bündeln", sagt die 41-Jährige. Beim ÖPNV sei bei den Busverbindungen "einiges gemacht worden, es geht aber noch ein bisschen mehr". Für die verkehrliche Entwicklung speziell in der Ortsmitte solle ein Anzinger Verkehrskonzept erstellt werden. Sie sei froh, dass nach dem Besuch des damaligen Bauministers 2019 eine Ampelanlage beim Kirchenwirt umgesetzt werden konnte, sagt Alte.

Tobias Finauer sieht den A 94-Ausweichverkehr täglich vom Fenster aus mit mulmigen Gefühl: "Auch Busse kommen da nicht mehr ohne Verspätung durch, die Anschluss-S-Bahn in Markt Schwaben ist dann oft schon weg. Tempolimits und Verkehrsleitsysteme bringen nur kurzfristig was", sagt er. Finauer möchte langfristig ein Umdenken, weg von der Straße hin zur Schiene. Es sollten "alternative Verkehrswege ausgebaut werden". Bus und Bahn müssten attraktiver werden: "Mehr Busse, bessere Bahnverbindungen, Umstieg auf E-Mobilität". Bei der Carsharing-Gründung in Anzing war Finauer involviert. Er fordert E-Tankstellen in Anzing. Und weniger Autos, in Anzing liege die Quote derzeit bei 0,8 Autos pro Einwohner. Finauer arbeitet im Arbeitskreis Ortsgestaltung mit. Hier sei langfristig ein Ziel, Autos aus der Dorfmitte zu verbannen. Fußwege im Ort und Querungen der Staatsstraße sollten sicherer werden. Auch die Radwege ins Zentrum müssten verbessert werden.

Anzing soll trotz Zuzugs moderat wachsen, sagen beide Kandidaten. Angebote für Kinderbetreuung werden ausgebaut. Das wird teuer. Mehr als zwölf Millionen Euro kostet das neue Kinderhaus. "Da sind wir auf einem guten Weg", sagt Alte. Finauer findet nach eigenen Angaben den Bau des Kinderhauses gut, das aber in gemeindlicher Trägerschaft viel Geld kosten werde. Auch die Zukunft der Mittagsbetreuung und der Grundschule soll langfristig gesichert werden.

Kommunalwahl in Anzing: Bürgermeisterkandidatin Kathrin Alte (CSU).

Bürgermeisterkandidatin Kathrin Alte (CSU).

(Foto: Christian Endt)

Was die Finanzen betreffe, werde die Gemeinde in den nächsten Jahren den Gürtel enger schnallen und sparen müssen: "Wir werden uns keine Luftschlösser leisten können", sagt Alte. "Wir müssen die Finanzen im Blick behalten und schauen, was wir uns leisten können", betont auch Finauer. Beide Kandidaten wollen sich für gute Rahmenbedingungen der Vereine einsetzen. Alte möchte im Rathaus einen direkten Ansprechpartner für die Vereinsfunktionäre schaffen. Finauer ist beim Sportverein in der Leichtathletikabteilung aktiv, er war Langstreckenläufer. Die Vereine und deren Jugendarbeit liegen auch ihm am Herzen.

Für die weitere Entwicklung der Gemeinde haben beide klare Vorstellungen. "Anzing muss Anzing bleiben", sagt Alte, ein moderates Wachstum sei ihr wichtig. Die Innenraumverdichtung biete Baumöglichkeiten. Auch der Klimaschutz steht im Fokus: Neue Bauprojekte sollten auf Energieeffizienz geprüft werden. Über Photovoltaik- und Windkraftanlagen und Blühstreifen soll diskutiert werden.

Finauer fordert neue Wege bei der Schaffung von Wohnraum. Es müssten Mehrfamilienhäuser mit vielen Wohnungen geschaffen werden. Auch über Bauen im Erbbaurecht müsse nachgedacht werden. Die Energiewende und eine klimaneutrale Gemeinde müsse möglichst rasch erfolgen: Photovoltaik- und Windkraftanlagen sollten entstehen. In der besseren Wärmedämmung stecke viel Potenzial. Auch bestehende Freiflächen-PV-Anlagen wie an der A 94 seien sinnvoll. Über PV-Anlagen bei neuen Baugebieten und Gewerbebauten sei nachzudenken. Auch Windkraftanlagen seien bei den neuen technischen Möglichkeiten und bei Kompromissen mit Anwohnern ein Thema: "Man muss die Leute mitnehmen, diskutieren und nicht einfach eine Anlage vor die Nase setzen."

Transparenz, ein offener Stil und viel Bürgerbeteiligung sind Aspekte, die bei beiden Kandidaten im Programm stehen.

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