Süddeutsche Zeitung

Kommunalwahl:Enttäuschung und Ärger bei Ebersberger Bayernpartei

Robert Böhnlein kommentiert den drohenden Mandatsverlust an die AfD und hinterlegt in seiner wohl letzten Sitzung eine Bitte an das Kreis-Gremium.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Rund vier Monate lang durfte sich Robert Böhnlein Kreisrat für den Landkreis Ebersberg nennen. Sehr wahrscheinlich hat der Vertreter der Bayernpartei am vergangenen Montag aber seine letzte Sitzung als solcher erlebt. Dass das Gastspiel nach so kurzer Zeit schon wieder beendet ist, liegt aber nicht an dem 50-jährigen Aßlinger selbst, sondern an der Entscheidung der Regierung von Oberbayern, die das Ebersberger Wahlergebnis korrigieren will. Nach dem Urnengang Mitte März waren der Bayernpartei zunächst zwei Sitze im Kreis-Gremium zugefallen, die AfD kam ebenfalls auf zwei Mandate.

Dabei soll es aber nicht bleiben, denn den Rechtspopulisten seien zu Unrecht mehr als 5000 Stimmen aberkannt worden, wie die Staatsregierung nun festgestellt hat. Diese wieder dazugezählt, würde die AfD auf drei Mandate kommen, die Bayernpartei im Gegenzug eines verlieren. Leidtragender dieser Entwicklung ist eben Robert Böhnlein, dem die Entscheidung aus mehreren Gründen nicht gefällt.

Während die demokratischen Parteien sich bemühen würden, geeignete Kandidaten für ihre Wahllisten zu finden, habe die AfD offenbar ein neues Erfolgsmodell entdeckt, sagte der scheidende Kreisrat in der jüngsten Sitzung des Gremiums. "Die AfD zeigt uns da eine Abkürzung auf." Böhnlein spielte damit auf die Umstände an, unter denen Bewerber Michael Delaney auf die Wahlliste der AfD gerutscht ist.

Dieser nämlich habe überhaupt nicht für ein Amt kandidieren wollen. Auch der Bewerber selbst gibt an, der frühere Vaterstettener AfD-Gemeinde- und jetzige Kreisrat Manfred Schmidt habe ihn ausgetrickst. Ein Vorwurf, den vor der Wahl auch mehrere andere Bürger erhoben haben, die angaben, Schmidt habe sie um eine Unterschrift für dessen eigene Kandidatur gebeten. Den Protest der ungewollten Kandidaten habe man bei der AfD einfach ausgesessen, sagte nun Böhnlein im Kreistag.

Und der 50-Jährige machte aus seiner Enttäuschung über die Entscheidung der Regierung auch gar keinen großen Hehl. Natürlich sei es ärgerlich, wenn man sein Mandat wieder verliere, aber: "Umso mehr stinkt es uns, unseren Sitz in einem demokratisch zweifelhaften Verfahren an eine demokratisch zweifelhafte Partei abgeben zu müssen." Von seinen Kreistagskollegen gab es dafür Applaus. Gänzlich aufgegeben hat Böhnlein sein Mandat indes noch nicht, noch bis diesen Mittwoch hat die Bayernpartei die Möglichkeit, Protest gegen die Entscheidung der Regierung einzulegen. Sollte es aber bei dem Urteil bleiben und Böhnlein seinen Sitz tatsächlich verlieren, richtete der Aßlinger gleich noch eine Bitte an seine Ratskollegen: "Wenn es so kommen sollte, dann hoffe ich, dass das Gremium noch enger zusammenrückt."

Diesem wird Robert Böhnlein dann sehr wahrscheinlich nicht mehr angehören, aber auch der Vaterstettener Michael Delaney wird nicht für die AfD in den Kreistag einziehen. Erste Nachrückerin für die insgesamt 5221 zusätzlichen Stimmen ist die in Baldham wohnende Heidelinde Pelz, die künftig neben Manfred Schmidt und Helmut Demmel die Farben der Rechtspopulisten im Kreis-Gremium vertreten wird. Die AfD-Stimmen waren zunächst abgezogen worden, weil Delaneys Nationalität unklar war. Nach Überprüfung stellte sich nun aber heraus, dass der Kandidat nicht nur einen britischen sondern auch einen irischen Pass besitzt, und somit als Bürger der Europäischen Union für den Kreistag - wenn auch ungewollt - regulär wählbar gewesen ist.

Bei der AfD gibt man sich deshalb bereits recht siegessicher: "Der Versuch, der AfD das in der Kommunalwahl im März errungene dritte Ebersberger Kreistagsmandat zu nehmen, dürfte endgültig gescheitert sein", sagte der Bundestagsabgeordnete und Kommissarische Kreisvorsitzende der Ebersberger AfD, Wolfgang Wiehle, nach Bekanntwerden der Regierungsentscheidung.

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SZ vom 29.07.2020/aju
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