Kommunahlwahl in Ebersberg:Karten neu gemischt

Uli Proske SPD Bgm Kandidat EBE

Im Mai wird Uli Proske offiziell Bürgermeister von Ebersberg und der neue Stadtrat nimmt die Arbeit auf. Dort gibt es so viele Parteien wie nie.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Die Ebersberger Stadtpolitik wird sich in der nächsten Wahlperiode nicht nur wegen des Wechsels an der Spitze verändern: Uli Proske bekommt einen Stadtrat an die Seite, der so vielseitig ist wie noch nie

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wenn voraussichtlich im Mai die neue Wahlperiode mit einer Stadtratssitzung offiziell beginnt, wird in der Kreisstadt vieles anders sein. Nicht nur gibt es das erste Mal seit 1972 keinen CSU-Bürgermeister mehr, auch im Stadtrat hat sich einiges getan. Noch nie gab es so viele Parteien im Gremium, und auch die Zeit eindeutiger Mehrheiten scheint vorbei.

Der neue Bürgermeister Uli Proske wird mit einem Stadtrat arbeiten, der aus sechs Gruppierungen besteht: CSU, Grüne, SPD, Freie Wähler, die Liste Pro Ebersberg und die FDP. Letztere hat, wie im alten Stadtrat auch, keinen Fraktionsstatus, da sie wieder nur mit einem einzigen Stadtrat, Bernhard Spötzl, im Gremium vertreten ist. Dieser hat allerdings bereits laut über eine Fraktionsgemeinschaft mit einer der andren Gruppierungen nachgedacht. Dies ist möglich, im noch aktuellen Kreistag beispielsweise bilden CSU und FDP eine gemeinsame Fraktion, auch im Vaterstettener Gemeinderat war dies bis vor sechs Jahren der Fall.

Für die Ebersberger CSU, für die Spötzl von 1990 bis 2002 im Stadtrat saß, könnte ein solches Arrangement durchaus interessant sein. Im neuen Stadtrat schrumpft die CSU-Fraktion von zehn auf acht Sitze, nähme man die FDP mit auf, wäre der Schwund zumindest nicht so drastisch. Nach den Wahlen 1996 und 2002 hatten die Christsozialen noch zwölf Sitze und damit zusammen mit der Stimme des Bürgermeisters stets die Mehrheit im 24-köpfigen Gremium. Erst 2008 änderte sich dies, damals kam die CSU nur noch auf elf, 2014 auf zehn und nun eben noch auf acht Sitze. Damit entfällt auch die Option, sich für eine Mehrheit mit den Freien Wählern zusammenzutun, wie es beide Parteien stets bei der Wahl der Bürgermeister-Stellvertreter praktiziert haben.

Abgesehen davon war diese Art des "Durchregierens" - verbunden mit den ärgerlichen Reaktionen der Überstimmten - aber die große Ausnahme in den vergangenen Jahren. Die Ebersberger waren stattdessen bekannt dafür, dass ihre Entscheidungen mit größtmöglicher Mehrheit, oftmals sogar einstimmig fielen.

Was nicht zuletzt das Verdienst des scheidenden Bürgermeisters Walter Brilmayer ist. Wer auch nur gelegentlich eine Ausschuss- oder Stadtratssitzung verfolgt hat, konnte beobachten, wie sich Anträge und Positionen - von den Fraktionen genauso wie seitens der Verwaltung - im Laufe der Sitzung veränderten, bis irgendwann alle Beteiligten zustimmen konnten. Falls sich abzeichnete, dass eine Sitzung dafür nicht ausreichen würde, konnte ein Antrag schon mal eine Ehrenrunde drehen: Die Sache wurde zurückgestellt, die Fraktionen bekamen sozusagen als Hausaufgabe gestellt, ihre jeweiligen Vorstellungen zu formulieren. Aus diesen - oft gar nicht mehr so weit auseinanderliegenden - Positionen fassten Ausschüsse und Stadtrat dann ihren finalen Beschluss. Ein Procedere, das außerhalb von Ebersberg gelegentlich mit einer Mischung aus Anerkennung und Verwunderung kommentiert wurde: Verwunderung, ob des behutsam, ja langsamen Herantastens an Beschlüsse, Anerkennung, weil diese dann meist einstimmig und fast immer ohne Streit oder gar persönliche Angriffe zustande kamen. Das kann man nicht für jedes kommunale Gremium im Landkreis sagen.

Proske hat am Wahlabend bereits angekündigt, die Linie seines Amtsvorgängers fortsetzen zu wollen. Er werde viel moderieren müssen im Stadtrat, um dort Mehrheiten zu organisieren. "Das wird eine spannende Aufgabe, auf die ich mich schon freue." Er zeigt sich überzeugt, dass das gelingen wird, und "dass man mit diesem Stadtrat viel bewegen kann".

Beweglichkeit ist ein passender Ausdruck, denn diese werden in den kommenden sechs Jahren Bürgermeister und Stadtratsmitglieder brauchen. Denn zwar haben CSU und Freie Wähler ihre gemeinsame Mehrheit verloren, Grüne und SPD aber künftig zusammen genauso viele Sitze wie derzeit. Die SPD tauscht nur mit den Grünen einen Platz, die Genossen haben nun vier, die Grünen fünf Sitze, zuvor war es umgekehrt. Was zur Folge hat, dass die Fraktion des Bürgermeisters - Proske ist zwar parteilos, wurde aber von der SPD nominiert, deren Kreistagsfraktion er auch angehört - nur die drittgrößte ist. Für eine Mehrheit müsste man sich entweder mit der CSU oder mit mindestens zwei anderen Fraktionen zusammentun, von denen eine die der Grünen sein müsste.

Denn - eigentlich eine logische Folge davon, dass es nun mehr Parteien im Stadtrat gibt - die bisherigen Fraktionen werden mit Ausnahme der Grünen kleiner. Für CSU und SPD ein Trend, der seit 2008 zu beobachten ist: Denn der damalige Verlust für die Christsozialen bedeutete wie diesmal keinen Zugewinn für die Genossen, sie mussten damals auf einen ihrer zuvor sechs Sitze verzichten. Diesmal hat es auch die Freien Wähler erwischt, die sich in den vergangenen drei Jahrzehnten - anfangs noch unter dem Namen UWG - stabil bei vier Mandaten gehalten hatten.

Interessant wird auch werden, wie sich die neue Gruppierung Pro Ebersberg in dieser Vielfalt behauptet. Deren Spitzenkandidat Josef Peis hat sich bereits gegen Versuche von CSU und Freien Wählern verwahrt, in deren politisches Spektrum eingepreist zu werden. Zwar sind die drei Sitze der Pro Ebersberger rechnerisch genau die, die bei Freien und CSU wegfallen - dass man damit deren Politik übernehme, hat Peis in der Woche nach der Wahl bereits verneint. Politisches Lagerdenken lehne man ab, es gehe um Stadtpolitik, so Peis. Ein Ansatz, der einen Moderator in der Tat optimistisch stimmen kann.

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