Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Wichtiger Schritt gegen die Sucht

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Mit der Ambulanz hat der Wohlfahrtsverband einen wichtigen Schritt getan. So erhalten Betroffene an einem Ort die ganze Bandbreite im Kampf gegen die Drogensucht.

Von Johanna Feckl

Innerhalb von knapp drei Jahren haben sich im Kreis Ebersberg die Anlaufstellen für Drogenabhängige, die ihre Sucht mit Hilfe einer Substitutionstherapie in den Griff bekommen möchten, von vier auf eine reduziert. Nicht so schlimm, könnte so manch einer denken. Denn vielleicht ist der Bedarf an einer solchen Behandlung auch gar nicht da. Ein Blick in die Statistiken der vergangenen Jahre, in denen es in Bayern im Ländervergleich gemessen an der Einwohnerzahl zuverlässig die meisten Drogentoten gibt - und zwar ohne merkliche sinkende Tendenz - sollte da aber aufhorchen lassen. Wenn man dann noch berücksichtigt, dass durch Substitutionstherapien viele Betroffene wieder in der Lage sind, ein geregeltes Leben zu führen, mit sozialem Umfeld, Job und Hobbys, ist klar: Der Einbruch des Angebots von substituierenden Ärzten um 75 Prozent ist ein Paradebeispiel für eine Entwicklung, die im höchsten Maße prekär ist.

Umso lobenswerter ist die Eröffnung einer Substitutionsambulanz der Ebersberger Caritas. An einer solchen Weitsicht dürfte sich so manch ein politischer Entscheidungsträger gerne ein Beispiel nehmen: Noch längst bevor die Lage überhaupt so prekär wurde, hat sich die Caritas Maßnahmen überlegt, wie das Angebot an Therapieplätzen aufrecht erhalten werden kann - wenn auch zunächst mit mäßigem Erfolg. In persönlichen Gesprächen wollte man niedergelassene Ärzte davon überzeugen, eine solche Behandlung anzubieten. Zusagen blieben aus. Den Medizinern ist dafür nicht mal ein Vorwurf zu machen, zumindest kein fairer. So lange die Bedingungen sind, wie sie sind. So lange substituierende Ärzte zeitlich viel investieren. So lange bei vielen immer noch Sorge vor einer Kriminalisierung mitschwingt, die vor einer Gesetzesänderung 2017 völlig realistisch war.

Wer würde sich da anders entscheiden? Die Caritas hat jedoch nicht hilflos die Hände in den Schoß gelegt, sondern nach anderen Wegen gesucht - frei nach dem Prinzip: Wer suche, der finde. Und mit der Ambulanz hat der Wohlfahrtsverband einen wichtigen Schritt getan. So erhalten Betroffene an einem Ort gebündelte Hilfe im Kampf gegen ihre Drogensucht. Nämlich von medizinischer, psychotherapeutischer und sozialer Seite.

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SZ vom 05.09.2019
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