Kommentar:Wehe, wenn das Handtuch fliegt

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Von der Krise sind viele betroffen, doch bei der Kultur geht es oft um alles oder nichts: Wenn eine Institution schließen muss, kommt so bald nichts Neues nach

Von Anja Blum

Endlich ein Silberstreif am Himmel! Die bayerische SPD hat eine Forderung des Kulturbündnisses "Ohne Asche kein Phönix" übernommen, an dem auch etliche Akteure aus dem Landkreis Ebersberg beteiligt sind. Worum es geht? Darum, schon jetzt Konzepte zu erarbeiten, damit dann beim Neustart der Kulturszene alles glatt läuft. Egal, wann das sein wird.

Ein wichtiger Baustein dafür sind so genannte Pilotbühnen, die nach ganz individuellen Regeln geöffnet werden - um so wissenschaftliche Erkenntnisse über ein mögliches Infektionsgeschehen bei Veranstaltungen zu gewinnen. Geht es nach der SPD, soll dieses Modell nun nicht nur in Gasteig, Staatsoper und Co. angewendet werden, sondern flächendeckend. Sprich: auch ein Alter Speicher in Ebersberg, ein Meta Theater in Moosach oder eine Theaterhalle in Markt Schwaben könnten demnächst - unter gesicherten Laborbedingungen freilich - zum Versuchsobjekt werden.

Leider aber sieht es nicht danach aus, als würde die bayerische Staatsregierung diesem präventiven Gedanken folgen wollen. Lieber kurzfristig entscheiden, scheint das Motto der CSU zu sein. Für die Kultur aber ist das absolut keine Option. Bühnen können nicht einfach wieder aufsperren wie ein Café oder Baumarkt. Sie brauchen dafür Vorlauf, müssen ihr Programm planen, Acts buchen, Tickets verkaufen. Und vor allem wissen, wie viele Zuschauer am Tag X erlaubt sein werden, um finanziell nicht komplett ins offene Messer zu rennen. Künstler, Veranstalter, Techniker: Es ist eine ganze Branche, die hier auf nicht absehbare Zeit daniederliegt.

Freilich, Gastronomen oder Friseuren geht es auch nicht besser. Was die Politik aber offenbar verkennt: Schließt irgendwo eine Kneipe, so wird meist bald eine andere aufmachen. Kulturelle Institutionen aber, seien es Bühnen, Ensembles oder Vereine, leben zum Großteil vom Engagement der Beteiligten. Vor allem jenseits der Großstadt, in Zorneding zum Beispiel, Grafing oder Pliening. Werfen diese hoch motivierten Kulturmacher aus berechtigten Gründen das Handtuch, wird es so schnell kein anderer aufheben. Die Brotlosigkeit der Kunst ist ein geflügeltes Wort - aber irgendwann ist auch damit mal Schluss.

© SZ vom 27.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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