Kommentar:Weg aus der Misere

Die Ankündigung der Landwirte, die Tektur wohlwollend prüfen zu wollen, ist noch lange keine Unterschrift. Es ist aber ein Schritt in die Richtung, um langwierige Streitigkeiten zu vermeiden

Von Thorsten Rienth

Grafings Bauamtsleiter Josef Niedermaier gehört nun wahrlich nicht zu jenen Zeitgenossen, die schnell in Jubelstürme ausbrechen. Weithin gilt der Mann als Prototyp des nüchternen Planers, was in Niedermaiers Fall ganz klar positiv konnotiert ist. Diese Einordnung der Nüchternheit ist vorauszuschicken, um wiederum seine Sätze passend einzuordnen, mit denen Niedermaier die mögliche Hochwasserschutz-Wendung im Westen der Stadt kommentiert: Von einer "wahrlich traumhaften Option" frohlockte der Bauamtsleiter am Mittwoch. Von einer Tektur, die ein Jahrhunderte altes Ökosystem wiederbelebe und ein Grafinger Sinnbild werden könnte, wie sehr Landwirtschaft und Naturschutz doch zusammengehörten.

Der Bau von Hochwasserrückhaltebecken im Westen Grafings ist bei den Grundeigentümern umstritten. Nun zeichnet sich eine Alternativlösung ab, mit der die betroffenen Landwirte wohl deutlich besser zurechtkommen dürften. Wer einen Blick in die siebenseitige Planskizze von Ideengeber Günter Baumgartner aus den Reihen der Grafinger Bayernpartei wirft, wird Niedermaiers Begeisterung wohl nachvollziehen können. Von Kolken, Furten und aufgeweiteten Engstellen schreibt der Bayernparteiler und Bund Naturschutzler da. Von abwechslungsreichen Quer- und Längsprofilen, kleinräumig wechselnden Strömungsverhältnissen, variablen Böschungsneigungen, Uferräumen mit Röhrichten, Hochstauden, Seggenrasen und Gehölzen. Er zeichnet ein Eldorado für Insekten, Reptilien und Säugetiere - und koppelt daran den Mehrwert, den die Stadt daraus in Punkto Hochwasserschutz ziehen würde.

Bei aller Begeisterung, die angesichts eines solchen Brückenschlags im Stadtrat gerade aufkommt - und dies freilich auch darf: Die Ankündigung der Landwirte, die Tektur wohlwollend prüfen zu wollen, ist noch lange keine Unterschrift. Eine Vereinbarung müsste - wie auch die genaue Planung selbst - erst noch ausgearbeitet werden. Bei beidem liegen die Tücken erfahrungsgemäß im Detail. Dennoch könnte die Tektur den Weg aus einer Misere aufzeigen, an deren Ende sonst mit Sicherheit nur Verlierer stünden: Einmal die Landwirte selbst, weil sie den Bau der Rückhaltebecken am Ende zwar verzögern, aber kaum verhindern würden können. Ein andermal die Stadt, die sich mit ihren eigenen Bürgern vor den Verwaltungsgerichten zu streiten hätte.

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