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Bürgerentscheid Windkraft:Der Anfang ist gemacht - nicht weniger, aber auch nicht mehr

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Das Ja-Votum der Ebersberger beim Bürgerentscheid ist ein klares Bekenntnis zur Energiewende. Diese muss nun aber auch entschieden angegangen werden.

Kommentar von Wieland Bögel

Und weiter geht's. Mehr als zehn Jahre dauert die Vorbereitung des bislang ehrgeizigsten Energiewendeprojektes im Landkreis bereits und hat bereits einige Hürden überwunden - nun ist eine weitere geschafft. Eine Mehrheit der Landkreisbürger hat sich entschieden und sagt: "Wir wollen die Windkraft". Damit ist zwar weder das Vorhaben im Forst bereits sicher, genauso wenig wie das selbstgesetzte Ziel des Landkreises einer Energiewende bis 2030. Dennoch dürfte vom Votum der Ebersberger ein positives Signal für Windkraftprojekte in ganz Bayern ausgehen.

Schließlich war der Bürgerentscheid die erste wirklich belastbare Umfrage zum Für und Wider der Windkraftnutzung. Als die CSU mit ihrer damals noch absoluten Landtagsmehrheit 2014 die umstrittene 10 H-Regel durchdrückte, geschah dies zwar aufgrund einer angeblichen "Koalition mit den Bürgern". Diese, so der damalige Ministerpräsident Horst Seehofer, wollten keine Windräder - zumindest jene, die diese Ansicht stets sehr lautstark kund getan haben. Dass diese Lautstärke der CSU durchaus Respekt abnötigt, zeigt sowohl das Herumlavieren der Christsozialen im Landkreis, das letztlich zum Bürgerentscheid geführt hat, als auch die Tatsache, dass die Parteifreunde in der Münchner Staatskanzlei vor knapp zwei Wochen ihr Beharren auf 10 H klar gemacht haben.

Durch den Bürgerentscheid im Landkreis Ebersberg könnte diese Front nun bröckeln. Denn das Ergebnis ist auf jeden Fall repräsentativ. Die Beteiligung liegt - wohl auch wegen der reinen Briefwahl - bei 61,89 Prozent, was beachtlich ist. Zum Vergleich: als das bislang letzte Mal auf Kreisebene gewählt wurde, bei der Kommunalwahl 2020, lag die Beteiligung bei 63,5 Prozent. Für Bayern bedeutet das, dass selbst wenn die 10 H-Regel bleibt, dass sich vielleicht doch der eine oder andere Bürgermeister beziehungsweise Stadt- oder Gemeinderat trauen könnte, diese im Rahmen ihrer eigenen Bauleitplanung außer Kraft zu setzen.

Für den Landkreis bedeutet dies indes nur eine Etappe auf dem noch sehr langen Weg zur Energiewende. Schließlich ist erstens nicht gesagt, dass die Windräder im Forst wirklich gebaut werden können. Zunächst sind einige Gutachten und wohl auch Gerichtsverfahren abzuwarten. Zum anderen könnten die fünf Windräder zwar einen nennenswerten Teil eines künftigen regionalen und nachhaltigen Energiemix für den Landkreis beitragen - aber eben nur das. Weitere Projekte - darunter vielleicht auch weitere Windräder - müssen folgen, ebenso der Ausbau der Speicher-Infrastruktur.

Darunter sind mit großer Wahrscheinlichkeit auch Vorhaben, die nicht unumstritten sind. Der Bürgerentscheid nun hat aber gezeigt, dass sich mit der nötigen Aufklärung ein überwiegender Teil der Bevölkerung des Landkreises von der Energiewende überzeugen lässt.

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Quelle:
SZ vom 17.05.2021
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