Kommentar:Versagen zulasten der Kommunen

Bei der Unterbringung anerkannter Flüchtlinge werden Städte und Gemeinden allein gelassen

Von Wieland Bögel

Hilft ja nix, sagt der Bayer, wenn er genug gejammert hat, und geht an die Arbeit. So ähnlich geht es derzeit vielen Kommunen bei der Frage, wie man eine Bleibe für anerkannte Flüchtlinge finden kann. In Ebersberg etwa richtet die Stadt nun eine eigene Unterkunft ein, was einerseits natürlich sehr positiv ist, aber eben auch Folge eines eklatanten Versagens an höherer Stelle.

Denn die Kommunen werden derzeit Opfer eines rechtlichen Schlupfloches, das sich Bund und Länder zunutze machen. Weil Städte und Gemeinden die Pflicht haben, sich um Obdachlose auf ihrem Gebiet zu kümmern, wird ihnen auf diesem Wege die Unterbringung anerkannter Flüchtlinge auferlegt. Formalrechtlich ist das in Ordnung, schließlich waren diese Menschen, als sie noch auf ihren Asylbescheid warteten, in einer staatlichen Unterkunft auf dem Gebiet der jeweiligen Kommune gemeldet. Und wenn jemand dann anerkannt wird und seinen Schlafplatz in der Flüchtlingsunterkunft räumen muss, ist das eben nach dem Gesetz so, als ob ein Gemeindebürger überraschend obdachlos wird.

Was an sich auch unproblematisch wäre, das Problem sind allerdings erstens die vielen Fälle in kurzer Zeit - dass in einer Gemeinde auf einen Schlag 50 Leute obdachlos werden, kommt eher selten vor - und die ungleiche Verteilung. Eine Kommune, in der der Freistaat eine Flüchtlingsunterkunft betreibt, kann schon mal anfangen, das örtliche Obdachlosenheim aufzustocken oder sich, wie nun in Ebersberg, nach geeigneten Liegenschaften umzusehen. Verschärft wird dies noch durch die seit diesem Sommer geänderten Regeln für die Unterbringung von Asylbewerbern. Statt auf dezentrale Unterkünfte setzt man im Freistaat nun auf große Einrichtungen - was für die betreffenden Kommunen bedeutet, dass sie noch mehr Obdachlose beherbergen müssen. Auch das wäre eventuell noch leistbar, gäbe es wenigstens angemessene Hilfen. Sowohl finanziell wie administrativ ist der Betrieb großer Unterkünfte für Städte und Gemeinde durchaus belastend - was bei Bund und Land aber keinen zu interessieren scheint.

Pech für die Kommunen ist, dass sie am kürzeren Hebel sitzen, sie haben keinerlei Möglichkeit, Finanz- oder Wohnbauhilfen von denen zu erzwingen oder einzuklagen, die für das Problem verantwortlich sind. Als einziger Trost bleibt ihnen die Gewissheit, dass sie das Nötige tun, vor dem sich andere drücken - hilft ja nix.

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