Kommentar:Ungesundes Prestigeprojekt

Hoffentlich erfreuen sich die Kirchheimer Befürworter einer Privatklinik bester Gesundheit. Wenn das Haus bestehenden Kliniken die Patienten wegschnappt, könnte das nämlich ganz schnell unerwünschte Nebenwirkungen haben

Von Wieland Bögel

Konkurrenz belebt das Geschäft, und das gilt theoretisch für jede Art der Geschäfte. Insofern verhält es sich mit der geplanten Klinik in Kirchheim auch nicht viel anders, als mit jedem neuen Supermarkt, jeder Tankstelle, jeder weiteren Bäckerei. Wenn das Angebot besser ist, als jenes der Konkurrenz, wird der neue Laden ein Erfolg. Wenn nicht, sperrt er halt wieder zu. Andererseits ist Gesundheit aber kein Produkt wie Benzin, Semmeln oder Klopapier, weshalb bei der Neugründung von Krankenhäusern besondere Vorsicht gelten muss.

Für die Patienten bedeuten mehr Krankenhäuser zunächst einmal einen Vorteil. So wäre eine Klinik in Kirchheim für Bürger aus dem Landkreisnorden sicher bequemer, als die Anreise nach Ebersberg. Im Idealfall würden sich die beiden Krankenhäuser in ihrem Angebot sogar ergänzen - doch auch das Gegenteil könnte passieren. Es wäre nämlich durchaus denkbar, dass sich die beiden Kliniken in einen ruinösen Wettbewerb verstricken. Etwa wenn sich das neue Privatkrankenhaus ausschließlich auf lukrative Behandlungen beschränkt und der Ebersberger Klinik - und damit letztlich der öffentlichen Hand - nur die Fälle übrig bleiben, an denen sich nichts verdienen lässt. Für den Landkreis Ebersberg, der sich in den vergangenen Jahrzehnten erfolgreich - und mit viel Geld - gegen eine Privatisierung oder Schließung seiner Klinik gewehrt hat, wäre dies natürlich eine Pleite. Für die Patienten wäre es eine Katastrophe. Denn eine spezialisierte Privatklinik in Kirchheim böte eben nicht die gute Grundversorgung, die man derzeit in Ebersberg bekommt. Gerade für Schwerkranke würde diese Entwicklung bedeuten, dass sie für ihre Behandlung lange Wege auf sich nehmen müssten. Hier belebt die Konkurrenz vielleicht das Geschäft ein paar weniger Investoren, für Kranke kann sie dagegen unangenehm bis lebensgefährlich sein.

Im Übrigen betrifft dies nicht nur die Ebersberger. Letztlich könnten auch Kliniken in München gezwungen sein, ihr Angebot einzuschränken, wenn ihnen das neue Haus die lukrativen Fälle wegschnappt. Das sollten auch die Kirchheimer Lokalpolitiker bedenken, die sich offenbar so gerne mit einem Prestigeprojekt in ihrer Gemeinde schmücken wollen - und sich hoffentlich einer sehr soliden und zuverlässigen Gesundheit erfreuen.

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