Kommentar:Und täglich grüßt das Murmeltier

Lesezeit: 1 min

Im November ist in Ebersberg Murmeltiertag. Denn dann wiederholt sich alljährlich die Erkenntnis im Stadtrat, dass Kinder, die einen Krippenplatz benötigen, in der Regel auch einen Hortplatz brauchen, sobald sie in die Schule kommen. Doch daran fehlt es nach wie vor

Von Annalena Ehrlicher

Gefangen in einer Zeitschleife ist Bill Murray in der US-amerikanischen Komödie "Und täglich grüßt das Murmeltier": Jeden Morgen, wenn er erwacht, ist erneut der 2. Februar - mit all denselben Ritualen und Ereignissen. Zum Verzweifeln! Der 1993 erschienene Film stieß weltweit auf großes Interesse und spielte allein in den USA knapp 71 Millionen US-Dollar ein. Woher kam die Begeisterung an dem Film, dessen Titel auch in Deutschland mittlerweile zum Bonmot für ein - meist negatives - Ereignis wurde, das sich immer und immer wieder wiederholt? Vielleicht, weil das Identifikationspotenzial so immens ist.

Auch in Ebersberg kann dieses Jahr im November Murmeltiertag gefeiert werden: Sieht man die Zahlen für die Kinderbetreuung in der Kreisstadt, fühlt man sich ins vergangene Jahr zurückversetzt. Krippen- und Kindergartenplätze gibt es ausreichend - was gut ist! Doch die Schüler, die auf eine Nachmittagsbetreuung angewiesen sind, müssen sich mit Teilzeitplätzen behelfen. 140 der 323 zu versorgenden Schüler werden über die Nachmittagsbetreuung abgewickelt, deren Kapazitäten damit überschritten sind. Auch wenn die neuen Räume in der Floßmannstraße sicherlich Erleichterung bringen werden, ist das keine dauerhafte Lösung des Problems. Dass die Mitarbeiter der Nachmittagsbetreuung tolle Arbeit leisten, steht nicht zur Debatte - und dennoch sollte sich der Stadtrat gut überlegen, ob die Art der temporären Betreuung tatsächlich mit dem festen Umfeld eines Hortplatzes gleichzusetzen ist. Doch dies scheint ein Luxusproblem zu sein, wenn man bedenkt, dass es so oder so an Plätzen fehlt.

Zweimal Note "Sehr gut" und einmal "Mangelhaft" bedeutet in diesem Fall: versetzungsgefährdet. Dass die Situation in der Ebersberger Kinderbetreuung so auseinanderdriftet, mutet befremdlich an. Seit Jahren weiß man eigentlich, dass Kinder, deren Familien Krippenplätze für sie in Anspruch genommen haben, später auch einen Hortplatz benötigen. Denn logischerweise arbeiten in teuren Landkreisen wie Ebersberg beide Elterneile. Weder Vater noch Mutter können es sich leisten, mit Eintritt in die Schule den Job aufzugeben.

Zugutehalten kann man der Stadt, dass immer nach der besten Lösung gesucht wird und der Mangel nicht aus Ignoranz oder einem überholten Familienbild entstanden ist. Klarwerden sollte allen Verantwortlichen jedoch, dass ein nicht ganz perfektes Provisorium manchmal besser als nichts ist. Ob ein Bauwagen im Wald oder die Einrichtung in Oberndorf - nächstes Jahr um diese Zeit muss das Murmeltier hoffentlich nicht mehr grüßen.

© SZ vom 21.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: