Kommentar:Schulen sollten Upgrades prüfen

Nur weil eine Technik neu ist, eignet sie sich nicht automatisch fürs Klassenzimmer

Von Wieland Bögel

In den Anfangszeiten der Entwicklungshilfe war es üblich, dass die Industriestaaten Maschinen, Traktoren und vieles mehr wahllos in arme Länder lieferten. Wo die Dinger nutzlos vor sich hinrosteten, weil sie erstens nicht gebraucht wurden, zweitens keiner wusste, wie sie funktionieren, und drittens schon gar nicht, wie man sie instand hält. Betrachtet man die zahlreichen bis zahllosen Initiativen verschiedenster staatlicher Stellen zur Digitalisierung der Schulen, fühlt man sich an die Entwicklungshilfe der 1960er Jahre erinnert: Gefördert werden alle möglichen Gerätschaften, ob diese nun sinnvoll sind oder eben nicht. Im Landkreis sollen die Schulen nun in einer Art "Show-Room" mögliche digitale Upgrades für den Unterricht begutachten können - eine längst überfällige Idee.

Denn welches elektronische Gerät seinen Weg in welches Klassenzimmer findet, hängt bislang vor allem vom Geschick der Handelsvertreter der Hersteller ab. In den USA ist man da schon weiter, Google, Apple und Microsoft verschenken dort ihre elektronischen "Lernmittel" an die Schulen - um diese zu Werbeplattformen zu machen. Entsprechende Bestrebungen gibt es auch hier, der aller Klagen zum Trotz doch bessere Zustand hiesiger öffentlicher Schulen hat diese Entwicklung etwas begrenzt. Trotzdem ist die Digitalisierung der Klassenzimmer auch hier ein "seller's market", also ein Geschäft hauptsächlich zugunsten des Verkäufers. Was auch daran liegt, dass bei der digitalen Aufrüstung der Klassenzimmer alle paar Monate die nächste elektrotechnische Sau durchs Dorf getrieben wird: Was gestern ein ultimatives, neues und verbessertes Unterrichtsmaterial war, ist heute schon Elektroschrott. Der im besten Fall seine kurze Nutzungsdauer im Einsatz war, und nicht in der Ecke verstaubte, weil kein Lehrer das Gerät bedienen konnte und kein Schüler Lust hatte zu erklären, wie es geht.

Dies könnte idealerweise das neue "Test-Klassenzimmer" des Landkreises leisten. Denn natürlich sollte moderne Technik einen Platz im Unterricht haben, wie viel und welche dafür sinnvoll ist, darüber sollten aber die Schulen entscheiden. Damit, um im Bild zu bleiben, der gespendete Traktor auch Früchte einbringt - und nicht bloß Frust.

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