Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Schädlicher Streit

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Wie auch immer der Streit zwischen Diakonie und Landratsamt am Ende ausgeht, das Nachsehen werden die betroffenen Kinder haben

Von Wieland Bögel

Es gibt also Streit zwischen der Diakonie und dem Landratsamt um die Sozialarbeit an Schulen. Wären die Folgen für die Betroffenen - also die Beschulten, nicht die Streitenden - nicht so unangenehm, könnte man darüber hinweggehen, vielleicht mit einem "schon wieder". Denn seit der Landkreis vor einem Jahrzehnt Sozialarbeit an den weiterführenden Schulen eingeführt und die Diakonie damit beauftragt hat, läuft das Verhältnis der beiden Akteure ein wenig unrund - um es vorsichtig auszudrücken.

Die Arbeit der Schulsozialarbeiter bekam zwar stets gute Noten ausgestellt. Ob das Angebot insgesamt aber das Klassenziel erreicht hat, darüber gab es schon des öfteren gewisse Differenzen. Das erste Mal knapp ein Jahr nach der Einführung, da es der Diakonie nicht gelungen war, alle Sozialarbeiterstellen zu besetzen. Damals empfahl das Jugendamt dem zuständigen Kreistagsausschuss, den Vertrag mit der Diakonie unverzüglich zu kündigen, wegen Nichterfüllung. Das Gremium mochte dem zwar nicht folgen und verlängerte zwei Jahre darauf sogar den Vertrag mit der Diakonie. Ebenfalls beschlossen wurde 2016 indes, dass der Vertragspartner gewissermaßen auf Abruf gesetzt wird, mit dem Votum für eine Ausschreibung der Schulsozialarbeit. Mit der Begründung, dass Sozialarbeit an Realschulen und Gymnasien zu finanzieren, eigentlich Aufgabe des Landes ist. Da sich der Freistaat hier aber seit Jahren einen schlanken Fuß macht, wurde der Landkreis eben 2011 nach langem Hin und Her selbst und auf eigene Rechnung tätig. Vor diesem Hintergrund ist es aber nicht ganz unverständlich, dass man seitens des Landkreises auf die Ausgaben schaut - und als Maßnahme zur Kostenreduktion gilt eben eine Ausschreibung.

Ob die Diakonie dabei zurecht nicht zum Zuge kam - die Rede ist von einem Formfehler in der Bewerbung - wird wohl erst ein Gericht klären können. Die Tatsache, dass die Streitsache offenbar mit aufschiebender Wirkung zur Verhandlung angenommen wurde, legt nahe, dass das Ganze wohl nicht ganz eindeutig ist. Wie immer der Streit am Ende aber ausgeht, den Schaden werden weder die Diakonie noch das Landratsamt haben, sondern die betroffenen Kinder.

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Quelle:
SZ vom 21.09.2021
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