Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Planwirtschaftliche Zustände

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Es gibt viele Möglichkeiten, den Ärger um den Gelben Sack loszuwerden. Am besten, man entsorgt den Müll selbst.

Von Wieland Bögel

Wer mit einem Produkt oder einer Dienstleistung nicht zufrieden ist, hat für gewöhnlich genügend Alternativen. Wem Hose A nicht passen will, kauft eben künftig Hose B oder C, wem sein Handyvertrag bei Firma X nicht zusagt, wechselt eben zur Konkurrenz. Etwas schwieriger wird dies aber, wenn es keine Konkurrenz gibt - wie etwa bei der Entsorgung von Wertstoffen. Diese ist im Landkreis seit Jahren Anlass zur Verärgerung, erst im vergangenen Jahr scheiterte ein Versuch der Landkreiskommunen, den Anbieter zu häufigerer Abholung der Gelben Säcke zu bewegen. Doch einfach den Anbieter wechseln wie bei Strom, Wasser, Gas oder Telefon ist bei der Abfallentsorgung leider nicht möglich, hier herrschen quasi planwirtschaftliche Zustände. Die elf Firmen, die Entsorgungsleistungen anbieten, sind in einer Art Kartell organisiert, was die Verhandlungsposition der Kommunen nicht gerade stärkt. Daher ist es wenig wahrscheinlich, dass der Landkreis in den nun beschlossenen Gesprächen mit den Entsorgern eine Verbesserung des Services erreichen kann.

Realistisch betrachtet hat der Landkreis drei Möglichkeiten: Entweder man behält das derzeitige System bei und hofft auf Verbesserungen durch das neue Wertstoffgesetz. Dass es diese Verbesserungen geben wird, ist aber noch genauso wenig klar wie ein konkreter Zeitpunkt, wann das neue Gesetz in Kraft treten soll. Zweite Möglichkeit wäre, die landkreisweite Vereinbarung zu kündigen und jede Kommune ihren eigenen Vertrag mit den Entsorgern aushandeln zu lassen. Dies hat die größte Landkreisgemeinde Vaterstetten bereits vor Jahren getan, und auch im Landkreis München sind diese Separatverträge üblich. Doch einerseits ist der damit einhergehende Verwaltungsaufwand wohl nur für die größeren Kommunen zu stemmen, andererseits ist auch damit nicht unbedingt ein optimaler Service garantiert - die Entsorger blieben ja die gleichen. Drittens könnte der Landkreis über die Kommunale Abfallwirtschaft selbst das Einsammeln, Sortieren und Vermarkten der Wertstoffe übernehmen. Das wäre zwar mit erheblichem Aufwand verbunden, aber letztlich wohl die einzig realistische Alternative zum derzeitigen System. Denn wem es im einzigen Wirtshaus nicht schmeckt, der muss eben zu Hause selber kochen.

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SZ vom 02.10.2015
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