Kommentar:Lauter gute Beispiele

Statt immer größere Container aufzustellen, sollten sich die Vaterstettener lieber überlegen, wie sie Müll vermeiden können

Von Karin Kampwerth

Wer sich einmal bei Hempels unterm Sofa umgesehen hat, wähnt sich in paradiesischer Ordnung angesichts des Kraut-und-Rüben-Verhaus (nicht nur) auf den Vaterstettener Wertstoffinseln. Diese versinken zusehends in Glas, Pappe und Plastik wie die Malediven in den Fluten des Indischen Ozeans. Während letztere wenn überhaupt nur ein nachhaltiger Klimawandel retten kann, hülfe ersteren eine Art Klimawandel im Kopf. Denn statt wie im Umweltausschuss des Gemeinderates gefordert, einfach weitere Wertstoffinseln zu errichten, wäre der logische Schritt, weniger Müll zu produzieren. Das aber allein auf die Bürger abzuschieben, ist zu einfach. Die Kommunalpolitik könnte durchaus Einfluss ausüben, etwa mit lauter guten Beispielen.

Wie die Deutsche Umwelthilfe beklagt, werden stündlich 320 000 Coffee to go-Becher verbraucht. Pro Kopf und Woche soll das 8,7 Kilo Papp- und Plastik-Müll ausmachen. Hier könnte die Verwaltung mit einer Art Vaterstetten-, aber auch Zorneding-, Poing- oder Glonn-Becher, gerne mit Gemeinde-Logo, gegensteuern und mit Verkäufern des Mitnehmkaffees ein Pfandsystem samt innerörtlichem Kreislauf verhandeln.

Nachgedacht hat der Vaterstettener Gemeinderat ja kürzlich auch schon über ein Rabattsystem für Kunden, die in Vaterstettener Geschäften einkaufen, statt beim Online-Versandhandel, der seine Waren bekanntermaßen üppig verpackt verschickt. Wenn schon Rabatt, warum nicht dann auch für jene Kunden, die sich die Semmeln in die Stofftasche und die Wurst in die mitgebrachte Tupperbox packen lassen. Oder wie wäre es mit einem Umweltpreis für diejenigen Vaterstettener Einzelhändler und Supermärkte, die Müllvermeidungsstrategien nachweisen.

Auch die Händler selbst könnten Amazon, Zalando und Co. die Stirn bieten. Mit Service und Beratung zum Beispiel, wie es Buch- und Schreibwarenhändler in vielen Gemeinden schon vormachen. Wer bei ihnen den neuesten Krimi oder Flötennoten für den Musikunterricht bestellt, bekommt diese meist über Nacht geliefert, vorherige kompetente Beratung inbegriffen. Vor allem aber kann der Kunde sicher sein, dass er weder die Nachbarn stalken noch Garten und Garage verzweifelt nach dem Päckchen absuchen muss, welches an "Ihrem Wunschort hinterlegt" worden ist.

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