Wer will, der kann, wer nicht will, der muss." Dieser Sinnspruch, der Seneca zugeschrieben wird, scheint gut auf die neueste Entwicklung um den zunehmenden Lärm an der Strecke München-Rosenheim zu passen. Die Anlieger, Bürger und Kommunen, wollen, dass die Bahn mehr tut, als lediglich mit minimalen Verbesserungen zu reagieren. Die Bahn wiederum will dies ausdrücklich nicht - hier ist allerdings noch offen, ob Seneca recht hatte, und ob der Schienenkonzern am Ende muss.
Denn die Forderungen der Anlieger haben es durchaus in sich: An der Strecke zum und vom Brenner-Basistunnel sollen nach dessen Eröffnung dieselben Regelungen gelten wie bei einer Neubaustrecke.
Die Argumente dafür klingen schlüssig, immerhin wird - auch von offizieller Stelle, etwa der Bahn selbst oder dem Bundesverkehrsministerium - erwartet, dass sich die Zahl der Züge auf der Strecke erstens verdoppelt und zweitens in Richtung Güterverkehr verschiebt. Was einerseits eine gute Nachricht ist, schließlich ist jede Tonne Fracht auf der Schiene eine, die nicht auf der Straße transportiert wird, und der Bahnverkehr ist unbestritten umweltfreundlicher als der Transport per Lkw.
Andererseits sind eben auch die umweltfreundlicheren Transportmittel nicht lautlos unterwegs, und die Freude über den CO₂-armen Verkehr könnte arg gemildert werden, wenn man dafür mitten in der Nacht vom Dauer-Güterzugverkehr aus dem Schlaf gerumpelt wird. Was auch nicht nötig wäre, schließlich gibt es längst erprobte und bewährte Mittel dagegen.
Das reicht von Lärmschutzwänden über Zuschüsse für besser schallgedämmte Fenster für Anlieger bis zu Nachrüstungen an Rad und Schiene. Letzteres zumindest hat die Bahn zugesagt, die versprochenen Schienenstegdämpfer sind durchaus ein Mittel, Lärm zu mindern - indes bleibt die Frage, ob es ausreicht.
Die Antwort darauf fällt unterschiedlich aus, je nachdem, ob es die Strecke schon gibt - dann reichen die Dämpfer - oder ob sie neu gebaut wird - dann sind sie ungenügend.
Für ungenügend halten auch immer mehr Menschen entlang der Bahn diese Ungleichbehandlung von Neubau- und Bestandsstrecken. In vielen Gemeinderäten zwischen München und Rosenheim sind diese Bedenken in den vergangenen Wochen und Monaten bereits formuliert worden.
Der nächste Schritt, das hat sich nun in Grafing gezeigt, wird sein, einen Zusammenschluss der Bahn-Anlieger zu erreichen, um die Forderungen nach mehr Lärmschutz mit gemeinsamem Gewicht zu stellen.
Wie erfolgreich das sein wird, ist offen, schließlich geht es - sollten die Maßnahmen umgesetzt werden - um sehr viel Geld, entsprechend hartnäckig werden sich Bahn, Land und Bund weigern. Versuchen sollten es die Anlieger trotzdem, getreu der alten Redensart: Wer nichts will, kriegt auch nichts.