Kommentar:Lascher Mittwoch

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Zum Einschlafen: Der politische Aschermittwoch im Landkreis Ebersberg (Symbolbild). (Foto: wor)

Zum Einschlafen: Am Aschermittwoch lieferten die großen Parteien im Landkreis Ebersberg pure Langeweile. Die traditionellen Veranstaltungen brauchen neuen Schwung.

Kommentar von Wieland Bögel

Sie schenken sich nichts im beginnenden Bundestagswahlkampf. Alle Parteien, besonders Union und die wiederauferstandene SPD, tauschen seit Wochen Verbalinjurien aus; die Frage, wer die nächste Regierung stellen darf, ist plötzlich wieder interessant geworden.

Ein Kristallisationspunkt des Wahlkampfes ist traditionell der politische Aschermittwoch, dort holen alle Parteien noch einmal das Letzte aus ihren Rednern heraus, um jene der Konkurrenz zur Freude des meist bierbeseelten Publikums mal so richtig abzuwatschen. Alle Parteien? Schon, aber nicht überall. Im Landkreis fanden am Aschermittwoch zwar ebenfalls politische Veranstaltungen statt - besonders kämpferisch oder mitreißend ging es da aber nicht zu, und auch als Publikumsmagnet kann man die dünn besuchten Politabende nicht gerade bezeichnen.

Besonders bei den Veranstaltungen der beiden großen Kontrahenten der kommenden Wahl - Union und SPD, die immerhin beide einen Abgeordneten aus dem Landkreis im Bundestag haben - war dies auffällig. Es gab jeweils ein bisschen Bericht aus Passau beziehungsweise Vilshofen, ansonsten blieb man bei Allgemeinplätzen, sparte sich Angriffe auf den direkten Mitbewerber und wechselte schnell zum Thema Fischteller.

Den hatte man sich bei den Grünen genauso gespart, wie eine eigene Veranstaltung. Stattdessen empfahl der Kreisverband einen durchaus nicht uninteressanten Vortragsabend der Vaterstettener Agenda 21 zum Thema Klimawandel und Armut - nur eben ohne Bezug zur Bundestagswahl in wenigen Monaten. Ebenfalls ohne einen solchen kamen die Freien Wähler aus, aber immerhin schafften sie es, in Grafing wie in Hohenlinden für Stimmung zu sorgen - mit Themen aus der Lokalpolitik.

Es wäre vielleicht nicht das Schlechteste, würden sich die anderen Parteien bei der Planung ihrer nächsten Aschermittwochsveranstaltungen daran ein Beispiel nehmen - wie es etwa die CSU bis vor einigen Jahren in Vaterstetten praktizierte. Ein Runterbrechen der "großen Aschermittwoche" kann dagegen nur schief gehen: Für die harten Bandagen der dortigen Redner sind sich die Kandidaten hier über alle Parteigrenzen hinweg zu nahe. Und ein Nacherzählen der großen Veranstaltungen ist Stunden, nachdem die eh jeder, den es interessiert, im Internet oder Fernsehen gesehen hat, auch wenig attraktiv.

Einen laschen Mittwoch, wo man zum Fisch keine frischen Themen - am besten aus der Region - servieren kann, sondern nur Wiedergekäutes aus Passau und Vilshofen, kann man sich auch sparen.

© SZ vom 03.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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