Pläne in Grafing:Keine informelle Überholspur

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Die Infoveranstaltung zur Bebauung des Grafinger Baywa-Geländes beleuchtet ein komplexes Thema - kommunalpolitische Prozesse ersetzt sie nicht.

Von Thorsten Rienth

Es war eine wahrlich ungewöhnliche Atmosphäre am Montagabend im Sitzungssaal des Grafinger Rathauses. So locker, so unkonventionell, dass sich richtige Dialoge entwickeln konnten. Vom Anwohner zur Bürgermeisterin, von dort weiter zum Lärmschutzexperten und über den Bauträger wieder zurück. Das ist allerhand für ein Umfeld, in dem üblicherweise die Geschäftsordnung regiert. In dem jeder Schritt fein abgestimmt sein muss zwischen Paragrafen, Verwaltung und Stadträten. Wo sich nicht einfach so ein Zuhörer melden und rufen kann: Halt, das habe ich nicht verstanden!

Ein guter Zeitpunkt also, um einmal Lob auszusprechen. Ans Bündnis für Grafing (BfG), das die Idee zu einer größeren Informationsveranstaltung zum Baywa-Gelände hatte. An die Spitzen der anderen Stadtratsfraktionen, die diese Initiative mit Blick auf die Parteipolitik problemlos hätten stoppen können - das aber nicht taten. Und an eine Verwaltung, die Gutachter, Architekten und Bauträger zusammentrommelte, um einmal jenseits der üblichen Abläufe etwas mehr Licht in eine komplexe Thematik zu bringen. Dass mehr als 50 Grafinger der Einladung ins Rathaus folgten, zeigt die Größe des Informationsbedarfs.

Bahnen, die Transparenz schaffen

Dennoch sollten die Grafinger solche Veranstaltungen nicht überbewerten: Eine informelle Überholspur oder kommunalpolitisches Allheilmittel sind sie nicht. Dem würde nämlich die Logik zugrunde liegen, dass politische Prozesse per se intransparent seien. Diese Schlussfolgerung ist jedoch mindestens fragwürdig. Keine Frage, die Aufstellung eines Bebauungsplans ist kompliziert. Wer sich nicht auskennt, kann da schon einmal verzweifeln. Derlei Verfahren laufen aber nicht zum Selbstzweck: All die Paragrafen und festgelegten Abläufe lenken die Entscheidungsfindung in Bahnen, die berechenbar, die rechtlich überprüfbar sind, kurz: Bahnen, die Transparenz schaffen.

Informationsveranstaltungen wie die vom Montag sind legitimer Teil davon. Aber kein Grund dafür, dass Betroffene und Interessierte künftig auf den Besuch von Stadtratssitzungen verzichten - und hinterher womöglich klagen, sie wüssten nicht Bescheid.

© SZ vom 01.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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