Kommentar:Kalkül statt Versehen

Das Bündnis für Grafing tagt gerne hinter verschlossenen Türen, wirft aber anderen Intransparenz vor

Von Thorsten Rienth

Um es gleich vorweg zu nehmen: Daran, dass der Ortsverband vom "Bündnis für Grafing" seine Mitgliederversammlung lieber unter Ausschluss der Öffentlichkeit abhält, ist rechtlich überhaupt nichts zu beanstanden, er darf das. Nur ist eben auch in der Lokalpolitik nicht alles, was rechtens ist, unbedingt richtig. Stattdessen ist es auch in Grafing guter Usus, dass Hauptversammlungen von Ortsverbänden öffentlich stattfinden. Im Hinblick darauf ist es ein starkes Stück, wenn sich die Bündnismitglieder einfach hinter verschlossenen Türen treffen. BfG-Vorstand Rico Becker tut das aber als "Fauxpas" ab, der "schlichtweg ein Versehen war".

Beckers Erklärung ist allerdings nicht mehr als eine Ausrede. Und sie ist schon gar nichts wert, wenn Beate Eckert wenig später ihre BfG-Vorstandskollegen öffentlich rüffelt, wer denn bitteschön etwas von dieser Versammlung erzählt hätte. Es hatte sich ganz einfach im Stadtrat herumgesprochen, weil die Agenda einer Partei freilich immer auch für den politischen Gegner von Interesse ist. Hinter der Nichtöffentlichkeit steckt beim Bündnis für Grafing kein Versehen, sondern System. Schon vor einem Jahr hatte man sich nur im kleinen Kreis getroffen, damals sogar zu Beckers Vorstandswahl. Und auch damals hatte sich der Ortsverband "peinlich gerührt" darüber gegeben, es mit den gängigen Spielregeln nicht ganz so genau genommen zu haben.

Die Fraktion des Bündnisses für Grafing im Stadtrat kann sich dafür bei ihrem Ortsvorstand herzlich bedanken. Kaum eine Sitzung, in der die Fraktion nicht irgendjemanden lautstark für vermeintliche Intransparenz anprangert. Künftig beißen sich Heinz Fröhlich, Marlene Ottinger und Yukiko Nave also wohl besser auf die Zunge, bevor sie das tun. Eine Fraktion, die sich als einzige echte Opposition im Stadtrat betrachtet, schränkt dieser Maulkorb beachtlich ein. Die Nichtöffentlichkeit der Versammlung ist aber nicht nur politisch fragwürdig und taktisch unklug. Sie war noch dazu gänzlich unnötig.

Inhaltlich jedenfalls scheint es bei Beckers geschlossener Runde nicht viel Neues gegeben haben. Was er berichtet, geht kaum über die üblichen Allgemeinplätze hinaus. Weniger Verkehr, mehr Spielplätze, irgendwann einmal eine zweite Grundschule, mehr Weitsicht. Der BfG-Plan ist lokalpolitische Zuckerwatte, die vielleicht gut schmeckt, leider aber nicht satt macht.

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