Kommentar:Hausgemachter Fluch

Der Ausfall der Heizung in der Gruber Traglufthalle zeigt erneut, dass diese Form der Unterbringung keine Dauerlösung sein kann

Von Anja Blum

Fast könnte man meinen, es liege ein Fluch auf den Traglufthallen im Norden des Landkreises, denn die Negativschlagzeilen rund um die beiden Unterkünfte reißen nicht ab: Auseinandersetzungen unter den Bewohnern, die haufenweise Polizeieinsätze nach sich ziehen, Zwist zwischen Helfern und Behörde, ein Brand, der plötzlich die Außenhülle zusammensacken lässt, saunaähnliche Verhältnisse unter dem Hallendach im Sommer - und nun: wohnen im Gefrierschrank. Die Heizung ist am Wochenende zwar nicht komplett ausgefallen, wie teils kolportiert, doch sie war dem Frost der vergangenen Nächte schlicht nicht gewachsen. Die Temperaturen in der Halle in Grub sanken auf zwölf Grad und im hinteren Bereich wahrscheinlich noch tiefer. Das ist auf Dauer schlicht nicht auszuhalten.

Dass der Betreiber der Halle nicht vorher überprüft hat, ob seine Anlage solchen Außentemperaturen Stand hält, ist entweder Dilettantismus oder, schlimmer noch, Gleichgültigkeit. Schließlich wartet der deutsche Winter immer wieder mit klirrender Kälte auf, das ist keine große Überraschung. Für den Umstand, dass es keinen verlässlichen technischen Notdienst gibt, gilt das gleiche.

Die Helfer indes bestätigt dieser neuerliche Notstand nur in ihrer Ansicht, dass eine Traglufthalle eine Notlösung ist und bleibt. "So zu leben ist kein Zustand", sagt zum Beispiel Konrad Weinstock. Schon allein deshalb, weil sich unter diesen Außenhüllen viel zu viele Bewohner viel zu wenig Raum teilen müssten. Das führe unweigerlich zu Problemen, vor allem auch, weil es sich um meist traumatisierte Menschen handle. Hinzu kommt im Fall der beiden Hallen im Landkreis ein abwechslungsreiches Unterhaltungsprogramm aus Feuer, Hitze und Kälte.

Klar ist: Eine menschenwürdige Unterbringung sieht anders aus. Der Plan, die beiden Traglufthallen in absehbarer Zeit zu schließen, darf deshalb auf keinen Fall auf die lange Bank geschoben oder gar aufgegeben werden. Auch dass der Landrat keine Turnhallen mehr mit Flüchtlingen belegen will, ist nur richtig. Das Ziel sollte vielmehr sein, den Schutzsuchenden eben solchen zu bieten, und zwar in kleineren Wohnformen, die sämtliche Risiken auf einen Schlag minimieren. Der Fluch der Traglufthallen, der ist hausgemacht.

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