Kommentar:Hauptsache billig

Wer beim Schutz vor Gewalt sparen will, verhält sich einfach nur schäbig

Von Florian Tempel

Eine Ausschreibung scheint ja grundsätzlich eine gute Sache zu sein. Gleiche Bedingungen für alle, was will man mehr. So sollte sich doch auf faire Weise auch der beste Frauenhausträger finden lassen, möchte man meinen. Tatsächlich aber ist die Ausschreibung für das Erdinger Frauenhaus in mehrfacher Hinsicht ein weiterer katastrophaler Fehler. Ein Unterschied zu allen bislang gemachten gibt es: Für ihn ist diesmal nicht allein Landrat Martin Bayerstorfer verantwortlich, sondern es sind auch die Mitglieder des Kreisausschusses, die das zentrale Vergabekriterium der Deckelung auf 120 000 Euro Zuschuss pro Jahr gebilligt haben.

Der Betrag ist willkürlich. Wo ist die fachliche Expertise, wo ist der vernünftige Vergleich, dass das ein angemessener Betrag ist? Die 120 000 Euro werden allein durch den stieren Tunnelblick rüber nach Freising gerechtfertigt, wo so wenig Geld vom Landkreis für den Betrieb des dortigen Frauenhauses offenbar ausreicht. Dass das Erdinger Frauenhaus im bayernweiten Vergleich aber keineswegs überaus kostspielig ist, wird geflissentlich ausgeblendet. Zwei Beispiele aus der näheren Umgebung: Fürstenfeldbruck zahlt für ein gleich großes Haus 150 000 Euro, in Dachau sind es 160 000 Euro. Diese Landkreise zahlen das Geld jedoch tatsächlich alleine - Erding teilt sich die Ausgabe hingegen mit Ebersberg, kommt also in Wahrheit eh günstig weg.

Schlimmer aber ist, dass das Fixum eine sinnvolle Auswahl des besten Frauenhausbetreibers nach fachlichen Argumenten verhindert. Das ist das Dumme und Beschämende an der Sache: Im Landkreis Erding zählt bei Schutz und Hilfe für Frauen, die Opfer von Gewalt werden, in erster Linie das Geld. Der aktuelle Betreiber wird mit der Festlegung auf 120 000 Euro von vornherein rausgekegelt, weil er nicht an seinen Personalkosten drehen kann. Andere Bewerber, die geringere Lohnkosten ansetzen können, erhalten so aber einen unfairen Vorteil. Das Pfund, mit dem der SkF wuchern könnte - die große Erfahrung seiner Mitarbeiterinnen, den Überbau eines ausgewiesenen Fachverbandes, die gute Vernetzung oder das bestehende Team an Ehrenamtlichen - wird keine Rolle mehr spielen. Nur, weil im Landkreis Erding etwas anderes zur Hauptsache gemacht wird: dass es nicht viel kosten darf, geprügelten Frauen zu helfen.

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