Kommentar:Guter Vorschlag, wenn auch spät

Der Antrag der Grafinger CSU auf mehr bezahlbaren Wohnraum ist richtig und wichtig - die damit verbundenen Vorwürfe hätte man sich aber sparen können

Von Thorsten Rienth

Wer wissen will, wie sich ein sperriges Thema zu einem guten Stadtratsantrag formen lässt, muss nur eine kurze E-Mail an CSU-Stadtrat Thomas Huber schicken. Und ihn um einen Abzug des Antrags zur "Zeitnahen Schaffung von bezahlbarem Wohnraum" bitten. Das Papier beginnt mit einer deutlichen Forderung (mehr günstiger Wohnraum), kombiniert sie mit einem konkreten Vorschlag (zwei mehr oder weniger verfügbare Areale) und dockt auch gleich noch die Skizze eines Finanzierungskonzepts (Teilverkauf eines städtischen Grundstücks) an. Würde künftig jeder im Grafinger Stadtrat auf diesem Niveau argumentieren - es täte dem Ruf des Gremiums sicher nicht schlecht.

An der prinzipiellen Sinnhaftigkeit von Hubers Ansinnen gibt es natürlich keinen Zweifel. So lange es so bleibt, dass immer mehr Leute in die Region ziehen, müssen Gemeinden, Städte und Freistaat eben auch immer mehr Wohnraum schaffen. Und auf den bis zu 9200 Quadratmetern, die Huber zur Debatte stellt, lässt sich wahrlich einiges umsetzen. Gerade auch, weil die Areale im Besitz der Stadt sind und niemand auf lobbystarke Grundstückseigentümer Rücksicht nehmen muss. Dass der Antrag von der personalstärksten Fraktion im Stadtrat kommt, ist sicher auch kein Nachteil.

Unwägbar wird der CSU-Vorschlag eher aus zwei anderen Gründen: Die Warnungen, das Grafinger Bauamt arbeite seit Jahren im sprichwörtlich roten Bereich, scheinen glaubwürdig. Sind für ein solches Großprojekt überhaupt kurzfristig Personalkapazitäten verfügbar? Und billig ist ein Vorhaben dieser Größenordnung sowieso nicht. Wie passt das alles zusammen mit den zuletzt gerade aus der CSU kommenden Appellen zur Haushaltsdisziplin?

Deren Ortsvorsitzender Florian Wieser nutzt die Gelegenheit zur Kritik. Die Stadt hätte in den vergangenen Jahren zu wenig für günstigen Wohnraum getan, schimpft er. Solches Rumpeln ist nicht sonderlich ernst zu nehmen. Die CSU tut es ja nicht einmal selbst. Ihren Vorschlag hätte sie problemlos bereits vor zwei, drei, vier Jahren formulieren können. Nicht erst ausgerechnet jetzt, wo sich alle für den Kommunalwahlkampf warmlaufen. Dass mit den beiden Arealen etwas anzufangen wäre, ist nicht neu. Mangelndes Wohnraum-Engagement muss sich im Rathaus tatsächlich niemand vorwerfen lassen: Die Überplanungen des alten Brauerei- und BayWa-Geländes, von Aiblinger Anger, Kapellenstraße 6 und dem Gebiet nördlich der Nettelkofener Straße oder die laufende Erweiterung des Seniorenwohnheims dürften als Beispiele wohl genügen.

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