Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Guter Impuls

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Die Landschaft wird immer stärker zersiedelt, das muss man nicht einfach so hinnehmen: Dass sich in Glonn nun immerhin Protest geregt hat, ist deshalb wichtig

Kommentar von Anja Blum

Was hatten die Glonner Gemeinderäte angesichts eines neuen Discounters nicht alles für tolle Ideen: Eine Tiefgarage könnte man bauen, oder mit einem zweiten Stockwerk günstigen Wohnraum schaffen. Alles sinnvoll, sagte der Vertreter des Unternehmens - aber leider keine Option, erst recht nicht auf dem Land, wo es ja Platz zur Genüge gebe. Tiefgaragen nämlich schreckten nachweislich Kunden ab, vor allem dann, wenn der nächste Supermarkt mit ebenerdigem Parkplatz nicht fern sei. Und die schwierige Kombination von Gewerbe und Wohnungen lohne sich auch nur dort, wo die Schere zwischen Angebot und Nachfrage wirklich weit auseinander gehe. Also nicht in Glonn. So schnell können schöne Träume zerplatzen am Kalkül eines Konzerns.

Das Risiko, dass der Supermarkt wegzieht, will man aber nicht eingehen

Genauso kurzerhand vom Tisch gewischt war aber auch die fundamentale Kritik von SPD und Grünen an den Plänen des Discounters: Dieser will nämlich nicht am bisherigen Standort bauen, sondern auf einem grünen Hang daneben - womit sich einige Gemeinderäte überhaupt nicht einverstanden zeigten. Angesichts von immensem Flächenfraß wäre es doch viel besser, das bestehende Areal weiter zu nutzen, so die Begründung. Wegen der paar Quadratmeter Verkaufsfläche mehr müsse doch nicht gleich ein Umzug her. Ob man die Attraktivität des Marktes nicht auch anders steigern könne, wollte man wissen. Und ob die Devise "immer größer, schneller und mehr" denn wirklich die richtige sei? Schließlich zöge dies doch nur die berüchtigte Verödung der Ortsmitten und immer noch mehr Verkehr nach sich. Das aber seien nicht die Ziele des Glonner Gemeinderates - sondern das Gegenteil.

Der Penny-Vertreter indes ließ sich von all diesen Einwänden nicht beirren: Der alte Standort sei zu klein und daher keine Alternative. Eine Einschätzung, die sich vermutlich auf allerhand Daten und Erhebungen stützt, darüber schwebt freilich das oberste Ziel der Wirtschaftlichkeit. Ausnahmen und kreative Lösungen haben da offenbar keinen Platz. Das kann man verstehen, muss es aber nicht gutheißen.

Dass manche Glonner Gemeinderäte deutliche Kritik geäußert haben - obwohl die Abwanderung des Discounters wie ein Damoklesschwert über dem Ort schwebt - ist also gut. Es wird de facto nichts ändern, weil die Mehrheit des Gremiums realistisch genug ist, die Gesetze der Marktwirtschaft zu akzeptieren. Doch wer weiß, vielleicht hat der Besuch doch den ein oder anderen Gedanken mitgenommen. Das wäre schön.

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Quelle:
SZ vom 07.06.2017
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