Kommentar:Gute Verlierer gesucht

Ob ein Bürgerentscheid zum Gewerbegebiet die Fronten in Anzing auflösen kann, hängt sehr davon ab, wie bereitwillig das Ergebnis von jenen akzeptiert wird, die ihn nicht gewinnen

Von Wieland Bögel

In einer festgefahrenen Situation lohnt es sich, nach dem Weg zu fragen. Das gilt im Fall der auf einer Schlammpiste endenden Abkürzung genau wie in der Politik. Schon Solon von Athen, immerhin Erfinder der Demokratie, hatte vor 26 Jahrhunderten ein Anti-Stasis-Gesetz erlassen. Es besagt - etwas verkürzt -, wenn man sich auf keine Lösung für ein Problem einigen kann, muss jeder Bürger Stellung beziehen. Dann entscheidet die Mehrheit, so lässt sich "stasis" also Stillstand und Dauerstreit vermeiden. Daher ist es eine gute Nachricht, dass die Anzinger im Herbst voraussichtlich über das umstrittene Gewerbegebiet an der Erdinger Straße abstimmen können. Idealerweise würde der Streit um das Projekt per Mehrheitsentscheidung beigelegt - sicher ist dies allerdings nicht, wie Beispiele aus anderen Kommunen zeigen.

Dabei spielt die Größe der Kommune genausowenig eine Rolle, wie die Größe des Projekts oder ob ihm im Bürgerentscheid zugestimmt oder widersprochen wurde. Weder beim Nein der Münchner gegen die dritte Startbahn am Flughafen noch beim Ja der Brucker zum Gewerbegebiet Taglaching hatte sich die unterlegene Seite an das Ergebnis gebunden gefühlt. Dass es in Anzing genauso kommt, ist nicht ausgemacht aber auch nicht ausgeschlossen, angesichts der doch einigermaßen verhärteten Fronten. Weder Befürworter noch Gegner des Projekts zeigten sich in der Vergangenheit auch nur im Geringsten kompromissbereit. Wie weit man sich voneinander entfernt hat, zeigte etwa der Infoabend vor gut einem Monat, der teilweise in kindische Beschimpfungen ausartete.

Ob ein Bürgerentscheid diese Fronten auflösen kann, hängt sehr davon ab, wie bereitwillig sein Ergebnis von jenen akzeptiert wird, die ihn nicht gewinnen.

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