Kommentar:Freundliche Wirte

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Das Fehlen von öffentlichen Klos ist ein Ärgernis - gut, dass es viele nette Geschäftsleute gibt.

Von Karin Kampwerth

Über die Invasion von Aktions- und Gedenktagen kann man immer wieder trefflich den Kopf schütteln - wobei es nicht verwunderlich wäre, wenn es auch einen internationalen Tag des Headbangings geben würde - geschuldet der Erinnerung an eine Tanzform, bei der eben nur der Kopf benutzt wird, um ihn schwindelerregend schnell im Takt der Musik hin- und her zu schleudern. Diese Recherche sei jedoch anderen überlassen. An diesem Sonntag allerdings wird ein nicht minder kurios klingender Tag begangen. Der Internationale Toilettentag, der - noch kurioser - gleichzeitig mit dem Weltmännertag im Kalender steht. Das aber nur am Rande.

Toiletten, insbesondere öffentliche, sind im Landkreis längst ein Thema über einen Tag hinaus. Seniorenbeiräte beklagen nahezu flächendeckend das Problem, dass es viel zu wenige WCs gebe. Ein besonderes Ärgernis sind die fehlenden Toilettenanlagen an den S-Bahnhöfen. Entweder, weil die Kioske geschlossen wurden wie in Ebersberg, oder weil das Bahnhofsgebäude gleich dem Erdboden gleich gemacht wurde, wie in Zorneding. Doch alles Druck machen bei der Bahn hat bislang nicht geholfen, wem es pressiert, der hat Pech gehabt. Oder fragt einfach mal im nächstgelegenen Lokal nach.

Das ist auch das Prinzip der "netten Toilette", einer Idee, wonach Toiletten in Restaurants kostenlos öffentlich zu nutzen sind. Erfunden wurde "die nette Toilette" im Jahr 2000 in Aalen/Baden-Württemberg und mit einer örtlichen Werbeagentur umgesetzt. Inzwischen machen mehr als 200 deutsche Städte und Gemeinden bei diesem Programm mit und zahlen eine Lizenzgebühr, um Logo, Aufkleber und Plakate nutzen zu können. Und den teilnehmenden Gaststätten darüber hinaus häufig Pauschalen für die höheren Reinigungskosten.

Im Landkreis Ebersberg wurde der Beitritt zur netten Toilette bereits in einigen Gemeinde- und Stadträten diskutiert. Doch im Prinzip können sich die Kommunen diese Ausgabe vorerst sparen. Denn wie ein Testlauf anlässlich des internationalen Toilettentages an diesem Sonntag ergab, ist die (WC-) Welt hier noch in Ordnung. Wen es ohne öffentliches Örtchen weit und breit drückt, der geht einfach ins nächste Wirtshaus oder Café und bittet freundlich um Benutzung des WCs.

Zwar gibt es im Landkreis noch keine nette Toilette, dafür aber umso mehr freundliche Wirte, Kellner oder Kaffeehaus-Angestellte, die keinem nach Erleichterung Suchenden die Tür weisen. Es reicht tatsächlich aus, einfach nett zu fragen. Denn bei einer höflich vorgetragenen Bitte kommt eben niemand auf die Idee, mit einem kühlen Kopfschütteln zu antworten.

© SZ vom 18.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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