Kommentar:Fichten und schlichten

Statt wegen des kostspieligen Sparkassengebäudes zu streiten, widment man sich im Ebersberger Kreistag lieber einer konstruktiven Lösung - und das ist auch gut so.

Von Wieland Bögel

Das Wappen des Landkreises zeigt ein Wildschwein, das an einer Fichte vorbeispaziert. Ob es das aus freien Stücken tut, oder vielleicht hinter dieselbe geführt wurde, ist Spekulation. Eine solche gab es in der Vergangenheit auch darüber, ob nicht beim Verkauf des alten Gebäudes der Sparkasse ebenjene die Käufer hinter die Fichte geführt habe - und ob sich mancher, allen voran der Landrat, nicht vielleicht zu leichtfertig ins undurchsichtige Unterholz des Immobilienhandels begeben hätten. Nach der jüngsten Sitzung des Liegenschaftsausschusses des Kreistages sind diese Fragen zwar immer noch nicht abschließend beantwortet - allerdings, und das ist bemerkenswert, werden sie auch nicht mehr gestellt.

Das war schon einmal anders. Als im vergangenen Jahr immer neue Hiobsbotschaften von der Baustelle, die einmal ein zweites Landratsamt hätte werden sollen, eintrudelten, überboten sich die Fraktionen im sonst so nüchternen und wenig konfrontativen Ebersberger Kreistag mit Vorwürfen. Ziel waren zum einen Landrat Robert Niedergesäß und seine Verwaltung. Diese hätten - Stichwort Fichte - zu vorschnell und ohne genaue Prüfung das Geschäft über die Bühne gebracht. Ebenfalls Vorwürfe gab es gegen die Verkäufer, diese hätten, so die Meinung nicht weniger im Gremium, dem Landkreis ein Gebäude aufgeschwatzt, von dessen Mangelhaftigkeit sie gewusst oder zumindest geahnt hätten.

Dass sich nun, ziemlich genau ein Jahr nach dem ersten Schock über die Kostensteigerungen, die Aufregung gelegt hat, hat vor allem zwei Gründe. Erstens das Verhalten des Landrates und seiner Verwaltung. Niedergesäß hatte sehr schnell Fehler eingeräumt, was zumindest CSU und Freie Wähler schnell zu befrieden schien. Bei Grünen und SPD dauerte es etwas länger, aber offenbar haben die mittlerweile neun Sitzungen der interfraktionellen Arbeitsgruppe zur Zukunft des Gebäudes die Gemüter etwas abgekühlt. Statt zu streiten widmet man sich lieber einer konstruktiven Lösung. Denn eine solche erwarten die Landkreisbürger, deren Steuern in den Sparkassenbau fließen. Passenderweise - und das ist der zweite Grund - sind ebenjene Landkreisbürger in neun Monaten aufgerufen, einen neuen Kreistag zu wählen. Ganz offensichtlich ist man in allen Parteien bemüht, den Sparkassenbau aus dem Wahlkampf herauszuhalten. Schließlich könnte irgendjemandem die Frage einfallen, ob nicht auch die Kreisräte selbst aufmerksamer hätten sein sollen. Nun aber steht ein Zeitplan: Im Dezember stellt der Gutachter eine Variante vor, die der Kreistag vor der Wahl auf den Weg bringt, so dass diese völlig Sparkassenbau-frei ablaufen kann und man dem neuen Kreistag hier keine Altlasten hinterlässt.

Was an sich durchaus vernünftig ist, schließlich ist der chronische Platzmangel im Landratsamt, um den zu beseitigen man den Sparkassenbau einst gekauft hatte, ja immer noch vorhanden und harrt einer baldigen Lösung. Wobei es schon interessant wäre, irgendwann zu erfahren, wer nun wen hinter welche Fichte geführt hat...

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