Kommentar:Feige Freunde

In der Debatte um das richtige Vorgehen beim Bau der Grafinger Flüchtlingsunterkunft fallen einige Stadträte durch merkwürdige Strategien auf

Von Thorsten Rienth

Die Grafinger Bürgermeisterin Angelika Obermayr (Grüne) war unter Druck. Ziemlich sogar, wenn man lokalpolitische Maßstäbe ansetzt: Erst geht es mit einer bereits im Juli beantragten Flüchtlingsunterkunft nicht voran. Dann kommt ein zusätzlicher Investor ins Spiel, der dem Stadtrat ein nicht unattraktives Angebot für eine Unterkunft am geplanten neuen Bauhof macht. Das Problem ist: Die Stadt hat das Gelände de facto schon jemand anderem zugesagt. Dass der zweite Investor Martin Löchle heißt und ein lokaler Unternehmer ist, macht die Sache nicht leichter. Weil Obermayr nicht gleich unbürokratisch dafür sorgte, dass Löchle auch zum Zug kommt, musste sie sich prompt mangelnden Lokalpatriotismus nachsagen lassen.

Die Sitzung am Dienstag nutzte die Rathauschefin zum großen Konter - und gewann. Minutiös schlüsselte sie auf, warum die Verwaltung zu welchem Zeitpunkt welche Schritte ging. Und erklärte plausibel, warum das Rathaus überhaupt keinen Ermessensspielraum hat. Dass es nämlich einfach nur die Beschlüsse von Stadtrat respektive Bauausschuss auszuführen habe. Die Reaktion des Ausschusses: betretenes Schweigen.

Von denjenigen Stadträten, die in den Tagen vor der Sitzung eine regelrechte Lobbyoffensive für den Grafinger Unternehmer starteten, ist das eine ziemlich schwache Darstellung. Erst hinter vorgehaltener Hand herummäkeln. Dann aber nicht den Mumm für einen konstruktiven Gegenvorschlag mitbringen. Die Sitzung wäre die passende Bühne dafür gewesen. Das Vehikel: Ein schlichter Antrag, dass die Verwaltung parallel zu den Nachverhandlungen mit dem Bad Wiesseer Investor auch mit dem Grafinger Bewerber Gespräche startet.

Möge dann der Schnellere gewinnen. Angesichts der akuten Platznot geht es jedenfalls gar nicht mehr so sehr darum, wer das beste Konzept präsentiert. Sondern darum, wer am plausibelsten darlegt, seines am schnellsten umsetzen zu können. Mindestens bemerkenswert, dass ausgerechnet diejenigen Grafinger Neoliberalisten, die sonst immer den freien Wettbewerb proklamieren, ihn hier nicht einfordern.

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