Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Es ist auch mal gut

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Zum Streiten gehören immer zwei. Zum Versöhnen aber auch - und genau das haben Ebersbergs Bürgermeister Walter Brilmayer und sein Nachfolger Uli Proske nun getan

Von Wieland Bögel

Samma wieder gut?", fragt der Bayer und meint damit, dass es seiner Meinung nach an der Zeit wäre, einen Streit zu beenden. Das Sympathische an diesem Ausdruck ist, dass die Frage impliziert, der gegenwärtige Zustand - also der Zwist - sei eben nicht gut. Was banal klingt, ist in der Realität oft gar nicht so einfach, mancher Streit setzt sich ewig fort, weil eben diese Einsicht fehlt. Die zwei Hauptpersonen des Ebersberger Wahlkampfstreits, Uli Proske und Walter Brilmayer, haben nun diese Einsicht bewiesen.

Den Anfang hat Brilmayer gemacht mit einer öffentlichen Entschuldigung, für die man durchaus Respekt haben muss. Es gehört einiges dazu, einen Fehler einzugestehen und dies auch noch öffentlich. Mancher wird nun einwenden, besser sei es, gleich ganz auf den Fehler zu verzichten - aber dann wäre es ja keiner. Brilmayers Fehler war es, das gibt er auch so zu, das Empfehlungsschreiben für seinen Parteifreund Alexander Gressierer so formuliert zu haben, dass manche es als Kritik an, ja gar Warnung vor, Gegenkandidat Proske interpretierten. Bereits kurz nach der ersten Aufregung am vorvergangenen Wochenende hatte Brilmayer von einem Missverständnis gesprochen und davon, dass er das Schreiben im Nachhinein anders formuliert hätte. Was man getrost glauben kann, Brilmayer war in den vergangenen Jahren nicht als Streithansel aufgefallen, im Gegenteil. Ob er für seinen eigenen Wahlkampf solche Schreiben in Umlauf gebracht hätte, darf bezweifelt werden. Dass der fragliche Brief in dieser Form dann aber verschickt wurde erklärt Brilmayer damit, dass er "etwas Wind in das Geschehen bringen" wollte. Was eine schöne Umschreibung dafür ist, dass sich für den Bürgermeisterwahlkampf der Christsozialen nach dem ersten Urnengang eine gewisse Flaute abzeichnete. In dieser Situation holte man einen vorbereiteten Brief aus der Schublade, der ansonsten vielleicht nie verschickt worden wäre und vielleicht auch in der besonderen Umgebung des Krisen-Wahlkampfes mehr Beachtung fand, als erwartet.

Dass Uli Proske, der die ganze Brief-Geschichte schon auf dem Höhepunkt der Empörung nie kommentiert hat, die Entschuldigung sofort angenommen und die Sache für erledigt erklärt hat, ist ebenfalls eine lobenswerte Reaktion. Nicht nur zum Streiten gehören (mindestens) zwei, auch zum Nachgeben. Für die Ebersberger Stadtpolitik der kommenden Monate - vielleicht Jahre - ist zu hoffen, dass die beiden Protagonisten des Wahlbrief-Streits vielen anderen, die sich darüber empört haben, als Vorbild dienen.

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Quelle:
SZ vom 31.03.2020
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