Süddeutsche Zeitung

Kommentar:Es gleicht sich an

Die grundlegenden Probleme der Christsozialen zeigen sich am Wahlergebnis im Landkreis geradezu exemplarisch

Von Wieland Bögel

Hauptsache gewonnen. Das könnte der Stoßseufzer so manches Christsozialen im Landkreis gewesen sein, immerhin blieb der Partei nicht nur das Direktmandat erhalten, sie wurde auch in allen 21 Gemeinden stärkste Kraft. In der Tat kein schlechtes Ergebnis - zumindest in absoluten Zahlen. Relativ betrachtet war die Wahl für die Schwarzen, nicht nur im Landkreis, aber ein Desaster. Wenn auch eines mit Ansage. Zwar hat der Bundestrend dazu beigetragen, dass die CSU mit einem Negativrekord aus der Wahl ging, die grundlegenden Probleme der letzten und gerade noch so Volkspartei sind indes andere - am Ergebnis der Christsozialen im Landkreis zeigen sie sich exemplarisch.

Das erste Mal gedämmert haben, dass sich die Zeiten ändern, dürfte es einigen CSUlern bei der Wahl 2009. Bei Erst- wie bei Zweitstimmen fiel die CSU im Landkreis unter die psychologisch wichtige 50-Prozent-Marke. Und schon damals fiel auf, wie nachhaltig die Verluste waren: Denn nicht nur in den beiden Städten und den größeren Gemeinden, wo die CSU auch bei vergangenen Wahlen immer unterdurchschnittlich mit Stimmen bedacht wurde, waren die Verluste groß. Auch und besonders in den kleineren Kommunen, dem christsozialen Kernland, war das Adjektiv "erdrutschartig" angemessen: teilweise verlor die CSU hier zweistellig. Vier Jahre später schien der Abwärtstrend gestoppt, wenn nicht gar umgekehrt - auch wenn noch viel Abstand zu den Traumergebnissen früherer Zeiten blieb.

Seit der Wahl vor vier Jahren - als sich das Ergebnis von 2009 auf niedrigerem Niveau wiederholte - und spätestens aber seit vergangenen Sonntag dürfte klar sein: Die Zeiten absoluter, in manchen Ortschaften sogar Dreiviertel-Mehrheiten, sind vorbei und kommen auch nicht wieder. Übrigens nicht nur für die CSU nicht. Die vergangenen Wahlen, inklusive der aktuellen, haben gezeigt, dass die Stimmen, welche die Christsozialen verlieren, nicht einem neuen Platzhirschen zugute kommen. Stattdessen verteilen sich diese im politischen Spektrum, allerdings ist die Streuung nicht zu weit: überwiegend kreuzt man in Ebersberg dabei die Etablierten an.

Von dieser multipolaren Parteienlandschaft im Landkreis profitiert indirekt übrigens auch die CSU: Da sich die verlorenen Stimmen nicht auf einen einzigen Mitbewerber bündeln, wird sie ihren ersten Platz vermutlich auch bei kommenden Wahlen in den meisten Gemeinden und im Landkreis insgesamt behaupten können. Der Abstand zur politischen Konkurrenz dürfte indes immer kleiner, die Erleichterung über ein "Hauptsache gewonnen" immer größer werden.

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Quelle:
SZ vom 28.09.2021
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