Kommentar:Es bleibt ein Unbehagen

Noch ist nicht endgültig geklärt, ob Glyphosat dem Menschen schadet. Aber es gibt genügend andere gute Gründe, auf den Unkrautvernichter zu verzichten

Von Wieland Bögel

Absence of evidence is not evidence of absence", dieses Bonmot, wonach das Fehlen eines Beweises eben nicht der Beweis eines Fehlens ist, stammt vom Astronomen Edward Sagan. Eines seiner Spezialgebiete war die Suche nach außerirdischem Leben, das laut Sagan eben nicht schon deshalb nicht existiert, weil man es - bisher - noch nicht gefunden hat. Daran hat sich seit Sagans Tod vor 20 Jahren zwar nichts geändert - ebenso wenig aber an der Richtigkeit seiner oben zitierten Aussage. Die sich auch gerne die Gegner des umstrittenen Unkrautvertilgungsmittels Glyphosat zu eigen machen.

Dass es für Menschen schädlich ist, lässt sich bisher tatsächlich nicht belegen - dass es völlig ungefährlich wäre, allerdings auch nicht. Belegt ist indes, dass sich das Mittel offenbar in der Nahrungskette anreichert: Es wurde - auch im Landkreis - in Blut- und Urinproben von Personen nachgewiesen, die nachweislich nie mit Glyphosat gearbeitet hatten. Dass dies auch mit verbesserten Analysemethoden zu tun hat, wie Befürworter des Herbizids gerne argumentieren, ist zwar richtig. Dennoch lässt sich auch durch noch so ausgefeilte Methoden eben nur finden, was auch tatsächlich da ist - was bedeutet, dass eigentlich jeder ein bisschen Glyphosat im Blut hat. Was durchaus ein gewisses Unbehagen auslösen kann. Und selbst wenn Glyphosat nicht akut giftig oder sogar nicht einmal krebserregend sein sollte - ein Schaden geht von diesem und von ähnlichen Mitteln trotzdem aus. Denn sie greifen massiv in Ökosysteme ein, in Verbindung mit gezielt gegen solche Supermittel resistent gezüchteten Nutzpflanzen entstehen Agrarwüsten, die für jedes andere Lebewesen - seien es Pflanzen, Insekten, Vögel, Mikroorganismen - völlig unbewohnbar sind.

Eines von Sagans Projekten war übrigens die legendäre "Goldene Schallplatte" an Bord der Voyager-Sonde. Diese sollte möglichen außerirdischen Findern Eindrücke der Erde vermitteln, unter anderem Geräusche der Natur, wie singende Vögel. Ob diese auch zukünftig noch auf der Erde zu hören sind, hängt auch davon ab, wie wir mit unserem Ökosystem umgehen - der Verzicht auf Substanzen wie Glyphosat wäre darum ein guter Anfang.

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