Kommentar:Eine Gefährdung für alle

Einmal mehr zeigt sich, dass die Unterbringung von Asylbewerbern in Massenunterkünften mehr Probleme schafft als löst.

Von Korbinian Eisenberger

Zum wiederholten Mal tauchten Anfang der Woche Hinweise auf, wie problematisch die Unterbringung vieler Asylbewerber im Landkreis Ebersberg ist. Problematisch, besonders in der Virus-Krise. Man kann nicht oft genug betonen, wie wenig sich die oft viel zu eng berechneten Wohnformen für Menschen eignen. Der jüngste Fall in Zorneding zeigt nun, dass die Ebersberger Behörde mit der Kombination dieser Wohnform mit Corona und Quarantäne offenbar ziemlich überfordert ist. Angesichts der Bedingungen, unter denen viele Asylbewerber hier wohnen und arbeiten, stellt sich jedoch die Frage: Ist es überhaupt realistisch, hiermit nicht überfordert zu sein? Und: Könnte, nein, müsste man daran nicht schleunigst etwas ändern?

Gefragt sind jene, die solche Verhältnisse erst möglich machten. Von den Machthabern in Eritrea, Somalia oder Afghanistan sind keine Antworten zu erwarten, weswegen die politischen Taktgeber hierzulande Antworten schuldig sind. Bisher schauen sie in Berlin und München tatenlos zu - und schieben die Verantwortung zu den Landratsämtern und ehrenamtlichen Helfern: oft Rentner, die nun unter erhöhtem Risiko mitanpacken. Und gut erzählen können, warum nicht nur sie selbst auf eine Schließung sämtlicher Massenunterkünfte inklusive aller bayerischen "Ankerzentren" hoffen. Sondern warum das jeder sollte.

Denn: Die Zornedinger Asylheim-Bewohner befinden sich nicht nur in prekären Wohn-, sondern auch in - oft nicht minder prekären - Arbeitsverhältnissen. Befristete Stellen auf Mindestlohnbasis, Lagertätigkeiten, schwere körperliche Arbeit für wenig Geld. Vor der Krise jobbten nicht wenige im Gastrobereich. Nun beschränkt sich das Tätigkeitsfeld weitestgehend auf große Onlinehändler und Transportunternehmen. Nicht wenige müssen diese Jobs machen. Würden sie ablehnen, droht ihnen die Abschiebung.

Immerhin: Die Menschen in der Pöringer Unterkunft haben wie so viele Neuankömmlinge in Bayern Arbeit gefunden. Das ist die gute Nachricht. Oft sind es sie, die das Amazon-Paket bis vor die Haustür bringen. Sie sind Teil jener Gesellschaft, die nicht im Home-Office sitzt, sondern weiterhin unter Leute geht. Wer genau diese Menschen nicht schützt, gefährdet auch alle anderen. Deswegen sind Geschehnisse wie nun in Zorneding schlechte Nachrichten für alle.

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