Kommentar:Eine Form von Vorverurteilung

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Wer die Schuld daran trägt, dass in Markt Schwaben ein Biotop zerstört wurde, ist bislang ungeklärt. Bürgermeister und Verwaltung hätten daher gut daran getan, auf Spekulationen zu verzichten

Von Korbinian Eisenberger

In Markt Schwaben ist Ende vergangener Woche versehentlich ein Biotop zerstört worden. Entsprechend kritisch waren die Nachfragen an die Verwaltung im Gemeinderat am Dienstagabend. Der Geschäftsleiter, ein Kollege und der Bürgermeister hatten das Thema zuvor angesprochen und durchklingen lassen, dass hier ein Fehler passiert ist. Den wahrscheinlichen Grund, so wirkte es, den hatten sie da bereits ausgemacht. Nämlich, dass es sich ganz offensichtlich um Baupfusch handeln müsse. Einen Fehler, für den die Gemeinde und ihr Kommunalunternehmen (Kums) sicherlich nicht verantwortlich gemacht werden könnten. Ein Fehler, für den andere bezahlen müssten.

Einerseits ist diese Haltung teilweise verständlich, anderseits weder sonderlich elegant noch fair. Klar: Markt Schwaben muss für wichtige Projekte wie den Schulneubau sparen und überflüssige Kosten vermeiden. Eine angespannte Finanzsituation legitimiert aber noch lange keine gefühlte Vorverurteilung: Im Gemeinderat verwiesen sowohl der Rathauschef als auch der Geschäftsführer mehrmals darauf, dass hier wohl nur die Bauaufsicht, die Bauplanung oder die Baufirma als Schuldige infrage kommen könnten. Dass die Gemeinde und das Kums möglicherweise auch selbst etwas versäumt haben? Entsprechende Nachfragen aus vier von fünf Fraktionen wurden allesamt abgewiegelt.

Wahrscheinlich stimmt es schon, dass die Bauarbeiter in jedem Fall eine Filzdecke unter den Quarzsand hätten legen sollen, bevor sie ihn in den Graben schütteten - egal ob Biotop oder Wiese. Möglicherweise wurde die Baufirma in der Ausschreibung aber auch nicht adäquat für das schützenswerte Areal sensibilisiert. Dieser Gedanke ist nicht so weit hergeholt, wenn sich selbst der Chef des Projekts anfangs unschlüssig war, ob es sich beim betroffenen Stück überhaupt um ein Areal mit Biotop-Charakter handelt.

Vielleicht war es eine Fehlerkette, vielleicht war es reiner Baupfusch, vielleicht nichts von beidem, vielleicht etwas ganz anderes. Letztlich war bis Mittwochnachmittag noch nicht einmal geklärt, wann genau der Vorfall passierte - geschweige denn, wie der Sand ins Biotop gelangte. Vor all diesen Hintergründen wäre es vielleicht besser gewesen, in der öffentlichen Sitzung auf Spekulationen über die Schuldfrage zu verzichten.

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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