Kommentar:Eine Auszeichnung, wichtiger denn je

Seitdem die rechtspopulistische AfD in den Bundestag eingezogen ist, braucht es den Fortunat-Weigel-Preis für Demokratie umso mehr.

Von Alexandra Leuthner

Mit einem Akkord in D-Moll begann Konstantin Wecker sein Konzert im Alten Speicher, nachdem er zuvor den Preisträgern des Integrationstheaters die Hand geschüttelt hatte. Fünf von zwölf Flüchtlingen, die am Projekt beteiligt waren, hatten Zeit gehabt, zu kommen. Sie standen stellvertretend für all jene auf der Bühne, denen Initiativen aus dem Landkreis in drei Jahrzehnten helfen konnten, ein wenig neue Heimat zu finden, zumindest aber das Gefühl, dass es hier Menschen gibt, die sich für andere einsetzen, auch wenn es nicht immer leicht ist.

Nicht nur Flüchtlingen, auch anderen von Leben oder Gesellschaft Benachteiligten haben die Preisträger geholfen. Ihnen allen haben die Verantwortlichen der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft im Landkreis damit den Rücken gestärkt, sie dabei unterstützt, den aufrechten Gang und ihr Engagement für Gleichberechtigung, für Demokratie, für sozialen Ausgleich in Deutschland und der Welt zu erhalten oder zu befördern. Natürlich haben sie mit dem Preisgeld keine großen Sprünge machen können. Aber dieser Preis, der mit Fortunat Weigel an einen erinnert, der eben diese Werte vorgelebt hat, war in all den Jahren ein wichtiges Signal im Ringen um ein demokratisches Miteinander. Das Publikum in Ebersberg, das seit Jahren zu den Verleihungen und den Auftritten von Kabarettisten und Musikern pilgert, hat gezeigt, dass es hinter dieser Idee steht.

Diese Idee ist nun, nach dem zweistelligen Wahlergebnis für die rechtspopulistische AFD am vergangenen Wochenende, umso wichtiger geworden. Die Initiatoren von der GEW, die von Anfang an dabei waren, mögen in die Jahre gekommen sein, wie sie selbst sagen. Der Preis und vor allem seine Bedeutung sind es nicht - und deshalb muss seine Geschichte weiter gehen, müssen sich Nachfolger finden, welche die Idee und ihre praktische Umsetzung weiter tragen. Gerade in Zeiten wie diesen wäre alles andere ein denkbar schlechtes Zeichen für den gesellschaftlichen Zusammenhalt.

Mit einem Paukenschlag in Moll hat Konstantin Wecker sein Konzert begonnen. Er setzt sich zusammen aus den Noten D,F und A - umgedreht wird AFD daraus. "Klingt traurig, oder", fragte der Liedermacher sein Publikum, und servierte gleich noch den "Willy" hinterher - jenen Song, den er Ende der 70-er Jahre geschrieben hat. In ihm erzählt er, beruhend auf einer wahren Begebenheit, wie sein pazifistischer Freund Willy von einem jungen Faschisten in einer Kneipe erschlagen wird. "Man muss weiter kämpfen bis zum Umfallen", sagt Willy im Song, als die rechten Stammtischbrüder schon zu stänkern beginnen. Dass der inzwischen 70-Jährige Wecker gerade dieses Lied wieder einmal aus der Schublade holt und es an den Anfang eines Konzerts stellt, in dem er neben lyrischen Liebesliedern, poetischen Texten und einer selbstironischen Rückschau auf sein nicht ganz geradliniges Leben immer wieder auf die aktuelle Politik zurückkommt, ist bezeichnend. "Ich hätte mir niemals träumen lassen, dass wir dieses Lied wieder brauchen." Das haben wohl viele nicht.

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