Kommentar:Ein Landkreis im Strukturwandel

Die Wohnsiedlungen in Ebersberg wachsen üppig. Für die Menschen ist das eine Herausforderung, die aber auch Chancen bietet

Von Wieland Bögel

Arbeiten in der Stadt, wohnen auf dem Land. Dieses Lebensmodell hat sich in den vergangenen Jahrzehnten in den sogenannten Ballungsräumen etabliert, für jenen rund um München galt der Landkreis Ebersberg bislang eher als Wohngegend - mancherorts sogar als Schlafstadt. Dies scheint sich gerade zu ändern, die Wohnsiedlungen wachsen zwar weiterhin üppig, aber nicht so üppig wie Gewerbeansiedlungen. Für den Landkreis ist das eine Herausforderung, aber eine, die auch viele Chancen bietet.

Zum ersten Teil, den Herausforderungen, gehört natürlich vor allem die Infrastruktur. Die ist dem Wachstum der vergangenen Jahrzehnte - egal ob es sich um den Zuzug von Gewerbe oder von Leuten handelt - nicht immer gewachsen. Eine Erkenntnis, die ja nicht ganz neu ist, durch die neuen Zahlen aber etwas an Brisanz gewinnt. Insgesamt kann man davon ausgehen, dass sich die Verkehrsdichte im Landkreis schneller erhöhen dürfte, als nach den reinen Bevölkerungsprognosen zu erwarten war. Vor allem im Hinblick auf den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs ist das wichtig, denn der muss noch intensiver ausfallen, wenn zusätzlich zu den ohnehin zahlreichen Aus- nun auch noch immer mehr Einpendler im Landkreis unterwegs sind. Was umgekehrt aber auch eine Chance sein kann, denn oftmals ist der Grund, warum irgendwo kein Bus fährt, dass sich das mangels Fahrgästen nicht lohnt. Mehr Pendler wiederum bedeuten theoretisch auch mehr Fahrgäste und damit eine bessere Auslastung der Nahverkehrsangebote - wenn man die Leute von diesen überzeugen kann.

Eine weitere Chance und Herausforderung ist die aus den Zahlen ablesbare Verschiebung der "Schlafstädte". Denn zwar entstehen im Landkreis mehr Arbeitsplätze, aber nicht unbedingt wohnen die Arbeitskräfte am selben Ort. Bereits seit Jahren zeigen die Untersuchungen der Verkehrsströme, dass, wer in Ebersberg wohnt, eher in München arbeitet, während viele, die in Ebersberg arbeiten, aus der Region von weiter auswärts anreisen. Nun zeigt sich, dass dieser Trend nicht nur weitergeht, sondern sich wohl auch verstärkt. Was für die Gemeinden - Stichwort Gewerbesteuer - sicher positiv ist, ihnen auch die Aufgabe stellt, sich mehr als bisher um ein funktionierendes Miteinander von Wohnen und Arbeiten zu kümmern - Stichwort Stadtplanung. Was in diesem Zusammenhang ganz gut passt: Der Landkreis Ebersberg wird nämlich immer urbaner.

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