Kommentar:Egoismus in der Wohlfühlblase

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Der Ärger um zusätzliche Kita-Plätze in der Grafinger Grundschule ist verwunderlich. Gerade in einer sozialen Einrichtung sollte doch eigentlich das Miteinander im Fokus stehen

Von Thorsten Rienth

Das Grafinger Rathaus und der Kultur- und Sozialausschuss haben nicht lange gefackelt und auf die Schnelle zwei temporäre Kitas eingerichtet. Betriebsstart: in drei Monaten. "Wir schaffen die Möglichkeiten, die wir brauchen. Wir haben den Platz, den wir brauchen. Und wir machen es so schnell, wie wir es brauchen. Besser kann es doch gar nicht funktionieren", kommentierte CSU-Landtagsabgeordneter und Stadtrat Thomas Huber die Beschlüsse. Das ist eine ziemlich treffende Einordnung der Grafinger Lage.

Umso mehr verwundert es, wie einige Grafinger Eltern in der Sitzung Wind gegen die Sache bliesen. Lauten Rabatz müsse man machen, und schon ließen sich politische Entscheidungen umdrehen, hier: die zusätzliche Kita-Einrichtung im Souterrain der Grafinger Grundschule. Zumindest war das die augenscheinliche Strategie, die - je nach Gefälligkeit von Wortmeldungen aus dem Gremium - entweder in Applaus oder Zwischenrufen gipfelte. Hauptsache die eigenen Kinder haben genug Platz zum Toben, eine eigene Mensa und müssen sich bitte nicht mit Kita-Kids auf dem Pausenhof herumärgern. Nicht nur, dass die Kita-Kinder weder die Mensa besetzen, noch den Pausenhof blockieren, noch - da sie in einen eigenen Gebäudetrakt untergebracht sind - sonst irgendwie den Grundschülern in die Quere kommen.

Aber selbst wenn? Ausgerechnet in einer sozialen Einrichtung soll das soziale Miteinander nicht mehr zählen. Lieber bleiben andere Familien ohne Kitaplatz, als dass jemand die Wohlfühlblase des eigenen Nachwuchses antastet. Gut so, dass Bürgermeister Christian Bauer (CSU) und das Gros der Grafinger Stadträte sich von derlei Egoismus nicht haben beeindrucken lassen.

Am eigentlichen Übel der stets knappen Kita-Plätze ändert die souveräne Reaktion allerdings wenig. Begraben liegt es in einer geradezu sagenhaften Dümpelei beim Bau des Kinderzentrums in der Forellenstraße. Dessen Beschluss geht noch auf die frühen 2010er Jahre und damit die Amtszeit von Bauers Vorvorgänger Rudolf Heiler zurück. Im Herbst 2023 will es die Stadt nach aktuellem Stand eröffnen. Bis dahin wird sie bei schwankenden Anmeldezahlen um Übergangslösungen nicht herumkommen.

© SZ vom 17.06.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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