Kommentar:Die Worte nicht klauen lassen

Die neue Bürgerbewegung "Pro Ebersberg" weist die Kritik am Namen mit einer guten Begründung zurück: Worte zurückerobern und positiv besetzen

Von Franziska Bohn

Die neue Wählergemeinschaft "Pro Ebersberg" musste sich am Dienstagabend rechtfertigen, warum sie sich ausgerechnet für diesen Namen entschieden haben. Das Problem dabei ist das "pro". Rechtspopulistische Parteien wie "Pro Köln" oder "Pro NRW" und weitere kleinere Vereine nutzen diese Präposition. Die Pro-Bewegung ist zuletzt für das Schüren von Ängsten gegenüber muslimischer Migranten bekannt geworden. Sie warnen vor einer "Islamisierung" und "Überfremdung". Sozialwissenschaftler und Verfassungsschutzbehörden ordnen die Bewegung als rechtsextrem und verfassungsfeindlich ein.

"Pro Ebersberg" distanzierte sich klar von dieser Bewegung. Umbenennen wollen sie sich nicht, sondern das Wort wieder positiv besetzen. Und sie haben recht: Man darf sich von Rechtsextremen nicht die Sprache klauen lassen. Man muss solche Begriffe wieder zurückerobern und positiv besetzen. Sprache ist zum Glück im ständigen Wandel.

Auch die "Alternative für Pliening" musste sich mit diesem Thema beschäftigen. Seit 2007 sind sie aktive Wählergruppe, lange bevor die "Alternative für Deutschland" in aller Munde war. Auf ihrer Homepage schreiben sie: "Unsere Wählergruppe steht in keinem Zusammenhang mit der AfD - Alternative für Deutschland!" Die Plieninger werden den Begriff "Alternative" alleine zwar nicht positiv besetzen können, sie setzen damit aber ein starkes Statement.

Klar gibt es Grenzen, manche Wörter kann man nicht einfach umdeuten. Hinter Wörtern wie "Lügenpresse" steckt ein Konzept, das von Rechtsradikalen eingeführt wurde. Verwendet man solche Begriffe, verbreitet man deren Gedankengut. Klar trennen muss man auch Begriffe aus der NS-Zeit. Paulaner- und Hacker-Pschorr-Chef Andreas Steinfatt stand zu Recht in der Kritik, als er nach der Oktoberfest-Bierprobe sagte: "Es ist mir ein innerer Reichsparteitag." Das zeigt deutlich, dass ihm jegliches Einfühlungsvermögen gegenüber den Opfern des Nationalsozialismus und deren Familien fehlt.

"Pro" hingegen ist weder ein Begriff aus der NS-Zeit, noch steckt ein Konzept dahinter. "Pro" ist einfach gleichbedeutend mit "dafür". Und denkt man bei "Pro Ebersberg" an "Pro Asyl" und nicht an "Pro Köln", dann ist das ein gutes Zeichen. Das "Pro" ist auf einem guten Weg.

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