Kommentar:Bitte mehr Ehrlichkeit

Welche Folgen hat der Ausbau des Parsdorfer Weges in Vaterstetten? Keine, sagen die Verwaltung und die Mehrheit im Gemeinderat - wollen es offenbar aber auch nicht allzu genau wissen.

Von Wieland Bögel

Wer die Wahrheit spricht, sollte besser einen Fuß im Steigbügel haben", so ein altes arabisches Sprichwort. Schließlich kann es unangenehme Folgen haben, unangenehme Wahrheiten auszusprechen - aber auch, dies zu unterlassen. In Vaterstetten versucht man sich daher gerade an einem Mittelweg: Bei der Frage, wie sich eine neue Straße im Norden der Gemeinde auf die dortigen Wohngebiete auswirkt, kommen zwar Fakten auf den Tisch, aber nicht alle. Einige unangenehme Details werden geflissentlich ignoriert.

Tatsächlich scheinen die Befürchtungen der Anwohner des Baugebietes zwischen Parsdorfer Weg und Dorfstraße auf den ersten Blick unbegründet. Diese warnen davor, dass der Umbau eines bisher als Radweg genutzten Teils des Parsdorfer Weges eine bequeme Abkürzung für den Autoverkehr durch ihr Wohngebiet schaffen werde. Bei der Gemeinde argumentiert man dagegen, der Ausbau diene nur der Erschließung des Baugebiets Nordost. Und dessen Bewohner hätten gar keinen Vorteil davon, durch das alte Wohngebiet zu fahren, da dies keine Abkürzung darstelle. Was zwar stimmt, aber eben nur zum Teil. Denn erstens wäre die Strecke sehr wohl eine Abkürzung, nämlich für alle, die nicht Richtung Norden und Westen also nach Haar oder zur Autobahn fahren. Wer von der oder zur B304 unterwegs ist, spart über den Parsdorfer Weg gut einen Kilometer Umweg. Da wohl nicht alle aus dem neuen Baugebiet erwarteten 300 Autos pro Tag Richtung Süden wollen, dürfte sich der Durchgangsverkehr tatsächlich eher in Grenzen halten - zunächst.

Viel entscheidender ist, was im Vaterstettener Norden in den kommenden Jahren sonst noch so alles passiert. Wenn sämtliche im Bau befindlichen, geplanten und gewünschten Vorhaben umgesetzt sind, werden dort bis zu 3000 Menschen mehr wohnen, als derzeit. Außerdem gibt es dann ein neues Gewerbegebiet zwischen fünf und sieben Hektar Größe. Auch von dort, genau wie von dem dort vermutlich in den kommenden Jahren entstehenden dritten großen Wohngebiet im Norden, führt der schnellste Weg Richtung Wasserburger Landstraße über den Parsdorfer Weg. Der wohl auch als Bypass genutzt werden wird, wenn es sich auf den Straßen Richtung Haar und zur Autobahn mal stauen sollte - was bei geschätzt 1500 zusätzlichen Autos plus einiger Lastwagen durchaus gelegentlich vorkommen könnte.

Vielleicht liegt darin der Nutzen des neuen Parsdorfer Weges: Den kompletten Verkehrsinfarkt im bald hochverdichteten Vaterstettener Norden zu verhindern - zulasten einiger alteingesessener Anwohner. Was an sich noch kein Argument gegen den Ausbau der Straße sein muss, wenn der Nutzen für viele größer ist, als der Nachteil für wenige. Nur wäre es anständig gewesen, wenn Gemeinderat und Verwaltung den Mut gefunden hätten, dies den Anwohnern am Parsdorfer Weg mitzuteilen - zur Not auch mit einem Fuß im Steigbügel.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: