Kommentar:Bewegende Solidarität

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Die Kundgebung war wichtig für das Selbstwertgefühl der Zornedinger, die das Bild ihrer Gemeinde in der Außenwelt dringend zurecht rücken mussten

Von Karin Kampwerth

Wer ist das Volk? Glücklicherweise nicht jene rassistischen Agitatoren, deren abstrakte Angst vor Fremden menschenverachtende Auswüchse annimmt. Die sich nicht schämen, einen Pfarrer mit Morddrohungen mundtot zu machen, weil er gegen Ausländerhetze und Schmähungen das Wort ergriffen hat. Die Mehrheit, das hat am Mittwochabend die Zornedinger Solidaritätskundgebung für den von feigen Drohbriefeschreibern aus der Gemeinde vertriebenen Pfarrer Olivier Ndjimbi-Tshiende eindrucksvoll gezeigt, sind die, denen nur eines fremd ist: rechtes Gedankengut und rechte Gewalt.

Die Veranstaltung war aber auch wichtig für das Selbstwertgefühl der Zornedinger, die das Bild von ihrer Gemeinde in der Außenwelt dringend zurechtrücken mussten. So hat es die Affäre um den aus Kongo stammenden Pfarrer bis in die Nachrichten(spalten) von BBC, New York Times und Independent geschafft. Die rund 3000 Menschen, die mit einer bewegenden Lichterkette ihre Solidarität mit dem geschmähten Geistlichen bekundeten, sprechen eine deutliche Sprache: Zorneding ist nicht der braune Bodensatz Bayerns.

Eher waren die Ereignisse der vergangenen Tage ein Ventil für den Dampf, der auf dem Kessel ist. Dieser hat sich mit dem Rücktritt des Pfarrers und dem darauffolgenden medialen Tsunami entladen. Und das ist gut. Denn es hat die bislang schweigende Mehrheit aufgerüttelt, klarzustellen, dass sie nicht zu einem Völkchen gehört, dem es an jeglichem Demokratieverständnis und jeder Achtung vor der Menschenwürde fehlt.

Dass für radikale Hetzer weder in Zorneding noch im Landkreis Platz ist, dafür hat auch Bürgermeister Piet Mayr (CSU) deutliche Worte gefunden. Doch den Mut, öffentlich von der Linie seines Kreisvorsitzenden Thomas Huber und der Bezirksvorsitzenden Ilse Aigner, abzuweichen, hatte er nicht. Beide hatten erklärt, dass es "böswillig" sei, einen Zusammenhang zwischen den Morddrohungen gegen den Pfarrer und der CSU herzustellen. Dabei hatte Mayr am Nachmittag noch der SZ gesagt: "Die Äußerungen von Mandatsträgern im Herbst waren mit der Auslöser der Morddrohungen." Dass er damit die hetzerischen Artikel der Ex-CSU-Ortsvorsitzenden und Noch-Gemeinderätin Sylvia Boher meinte, liegt auf der Hand.

Nun ist es Sache des Bürgermeisters, seinen Worten Taten folgen zu lassen und Boher davon zu überzeugen, dass Menschen mit rechtem Gedankengut im Gemeinderat nicht erwünscht sind. Damit könnte das Licht, das Zorneding in die Welt gesendet hat, nicht in Dunkeldeutschland verglühen.

© SZ vom 10.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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