Kommentar:Aus Fehlern lernen

Wer wissen will, ob Massenunterkünfte für Flüchtlinge eine gute Idee sind, sollte vielleicht diejenigen fragen, die schon einmal damit zu tun hatten

Von Korbinian Eisenberger

Es ist natürlich grober Unfug, Menschen in Massenlagern unterzubringen. Um das zu erkennen, muss man nicht Sozialministerin gewesen sein. Man muss dafür kein einziges Semester Pädagogik studiert haben. Gab es doch monatelang Anschauungsmaterial. Hier vor Ort im Landkreis Ebersberg: in Pliening und Poing, in Markt Schwaben. Immer wenn Flüchtlinge in Traglufthallen oder Turnhallen zusammengepfercht wurden, führte das zu erheblichen Konflikten. Während es in kleineren Unterkünften deutlich friedlicher zuging. In den Traglufthallen in Pliening und Grub war die Polizei seinerzeit Dauergast. Woanders war das nicht so. Die Zahlen der Polizei sprechen für sich.

Insofern ist es nur nachvollziehbar, wenn sich jene wehren, die wissen, wie es ist, wenn Eritreer und Syrer, Afghanen und Pakistani, Christen, Muslime und Hindus in Stockbetten zusammen wohnen. Der Markt Schwabener Tobias Vorburg und Reinhard Oellerer aus Anzing können viele solcher Geschichten erzählen. Beide sind Lokal-Politiker, beide haben sich diese Woche öffentlich an jene gewandt, die den Landkreis Ebersberg in der Bundes- und Europapolitik vertreten: Andreas Lenz aus Frauenneuharting und Angelika Niebler aus Vaterstetten, beide von der CSU. Aus den Briefen ist eine gemeinsame Forderung herauszulesen: Niebler und Lenz sollen den Asylkurs hinterfragen, den ihre Kollegen an der Parteispitze eingeschlagen haben.

Ähnliches ist von der früheren CSU-Sozialministerin Christa Stewens zu vernehmen, die Poingerin hat sich auf Facebook geäußert. Klar, es geht hierbei nicht nur um die Unterbringung, Söders Asylplan umfasst ja weitere Punkte. Die Wohnsituation ist aber das Kernthema für die Betroffenen, die Neuankömmlinge und ihre Nachbarn: Menschen wie Stewens, Oellerer und Vorburg. Sie waren nah dran an den Traglufthallen in Pliening und Poing. Sie hatten mehr Zeit und Gelegenheit als Niebler und Lenz, sich das Leben zwischen Essensausgabe und Gemeinschaftsklo anzuschauen. Die Massenlager im Landkreis Ebersberg sind abgebaut. Wer wieder welche aufbauen will, sollte sich vorher die Geschichten von damals anhören.

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