Kommentar:Alter Verwalter

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Die CSU setzt im Bürgermeisterwahlkampf auf bewährte Fachkräfte aus den Gemeindeverwaltungen. Ein Nachteil ist das sicher nicht

Von Korbinian Eisenberger

Die hübsche Exclamatio "Alter Verwalter" ist ein Stilmittel der Jugendsprache, um Überraschung auszudrücken. Gleichwohl beschreibt die Wortfolge auch das jüngste kommunalpolitische Phänomen im Landkreis Ebersberg: Ganz offenbar hat die christsoziale Partei eine bis dato ungeahnte Neigung für langjährige Mitarbeiter von Gemeinde- und Stadtverwaltungen entwickelt. Innerhalb weniger Wochen sind gleich drei Fälle in drei Ortschaften dokumentiert. Drei Rathaus-Mitarbeiter, die von der CSU zu Chef-Politikern umfunktioniert werden sollen. Alter Verwalter!

Als die CSU in Markt Schwaben Ende April den bisherigen Bauamtsleiter Frank Eichner, 54, als ihren Bürgermeisterkandidaten präsentierte, hielt sich die Überraschung noch in Grenzen, zumal die Personalie vorher durchgesickert war. Zehn Tage später stellte dann die Grafinger CSU Stadtkämmerer Christian Bauer, 50, vor, auch da musste man noch nicht von einem parteipolitischen Trend ausgehen. Am Donnerstag dann der dritte Streich: Die Poinger CSU schickt Gemeinde-Geschäftsleiter Thomas Stark, 54, ins Rennen um den Chefsessel im Rathaus. Noch ein Verwalter in seinen Fünfzigern, der zum Gestalter werden soll. Als stecke System dahinter.

Eines verfolgt die Strategie der CSU im Landkreis Ebersberg ganz offensichtlich weniger: Dass sie, wie in der Parteispitze zuletzt häufig proklamiert, "jünger und weiblicher" werden wolle, lässt sich an den bisher präsentierten Bürgermeister-Kandidaten im Kreis Ebersberg kaum erkennen. Die bisher einzige Frau auf der Liste, Marina Matjanovski, ließen die Mitglieder des Ebersberger Ortsverbands bei der Abstimmung abblitzen. In Poing wäre die 28-jährige Gemeinderätin Eva-Maria Lawes denkbar gewesen, und in Markt Schwaben die 42-jährige CSU-Ortsvorsitzende Walentina Dahms. Dem Vernehmen nach waren beide jedoch wenig erpicht auf die Kandidatur. Junge Gestalterinnen? Da hat die CSU-Spitze ausnahmsweise eine gute Idee, doch die Ebersberger Basis zieht nicht mit.

Nun also die (mittel)alten Verwalter. Ob Zufall oder nicht, die CSU hatte schon schlechtere Ideen. Die drei Kandidaten eint eine vortreffliche Eigenschaft: Alle drei haben jahrelange Erfahrung mit dem Rathaus-Innenleben. Sie dürften Bescheid wissen, wie die Bande verknüpft sind, welche Seilschaften stabil sind und wo die Fallstricke lauern. Frank Eichner wird zu den Wahlen sechs Jahre in Markt Schwaben mitbringen, bei Christian Bauer in Grafing werden es dann 20 Jahre Kämmerei sein, und Thomas Stark kommt gar auf 30 Jahre in Poing. Mehr als ein halbes Jahrhundert in der Summe - Erfahrung, die keine Einarbeitung der Welt ersetzen kann.

© SZ vom 25.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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