Kommentar:Alberne Zerstörungswut

Wahlwerbung zu beschädigen, weil man anderer Meinung ist, schadet der Demokratie

Von Karin Kampwerth

Einen bunt bemalten CSU-Kandidaten Andreas Lenz kann man noch als Lausbubenstreich durchgehen lassen. Grundsätzlich aber gelten verunstaltete, verschmierte, zerfetzte oder heruntergerissene Wahlplakate als Sachbeschädigung, bei der keinem Demokraten zum Lachen zumute sein dürfte.

Dass ausgerechnet die Alternative für Deutschland (AfD) das Ranking der am meisten zerstörten Wahlplakate anführt, fügt der Partei dabei wahrscheinlich noch nicht einmal Schaden zu, wenn man vom materiellen Wert der an Laternenpfosten geklebten Poster mal absieht. Vielmehr kann sich die AfD genau auf das berufen, was sie - wie nicht wenige unterstellen - ja am liebsten abschaffen oder zumindest recht einseitig verändern würde: die Vorzüge der Demokratie mit dem Grundsatz der Gleichberechtigung und dem Prinzip einer weltoffenen Gesellschaft.

Dass diejenigen, die die AfD so sehr verabscheuen, dass sie die Plakate nicht ertragen können, vermutlich aus der entgegengesetzten politischen Richtung stammen, dazu muss man kein Hellseher sein. Wahrscheinlich ist es auch wenig tröstend, dass die CSU ebenfalls zerstörte Plakate beklagt. Die Urheber hier sind interessanterweise ganz weit rechtsaußen zu suchen, einige Wahlposter wurden mit Aufklebern der radikalen "Identitären"-Bewegung verklebt.

Dennoch: Auch wenn man nicht damit einverstanden ist, dass die AfD die Grenzen schließen, die Wehrpflicht wieder einführen oder die Europäische Union auflösen will und den Effekt des CO2-Ausstoßes auf das Klima für Propaganda hält - und selbst wenn es einem zu links ist, dass die CSU statt gar keine Flüchtlinge eine Obergrenze fordert, den Soli abschaffen will und einen Rechtsanspruch für Ganztagesbetreuung von Grundschulkindern fordert: Wahlwerbung zerstören, weil man anderer Meinung ist, ist noch nicht einmal kindisch, sondern einfach nur ärgerlich albern. Wer politisch Einfluss nehmen will, hat dazu glücklicherweise andere Möglichkeiten. Eine davon ist der Gang zur Wahlurne am 24. September.

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