Nach mehr als zwei Jahren Corona-bedingter Pause findet am Samstag, 3. September, das 31. Kneipenfest Grafing statt: einen ganzen Abend lang 14 Bands an 14 Locations - Umherwandern zwischen den einzelnen Orten ausdrücklich erwünscht. Rudi Baumann tritt nicht nur selbst mit zwei Bands auf, bei denen er Mitglied ist - Mardi Gras Roof Top Projekt und Rudi Baumann and Friends -, sondern ist auch für die übrigen Acts verantwortlich: Der 67-jährige Schariwari-Musiker ist der Booker für das Event. Im Interview erzählt der Grafinger, was der ungewöhnliche September-Termin mit den Grafinger Trachtlern zu tun hat und vor wem Country-Legende Dolly Parton vermutlich niederknien würde.
SZ: Herr Baumann, das jüngste Kneipenfest hat im Juni 2019 stattgefunden - ganz schön lange her. Wissen Sie überhaupt noch, wie es geht?
Rudi Baumann: Na klar, so etwas verlernt man nicht. Aber dieses Mal war schon einiges anders als bisher.
Was denn zum Beispiel?
Unser Kneipenfest für Juni 2020 stand schon komplett, als Corona kam und es deshalb nicht stattfinden konnte. Ursprünglich lautete der Plan, das Programm um ein Jahr zu verschieben. Als es auch 2021 mit der Veranstaltung nicht geklappt hat, mussten wir das Line-up um ein weiteres Jahr in den Juni 2022 verschieben.
Fast von Beginn an in der Geschichte des Grafinger Kneipenfests kümmert sich Rudi Baumann um das Programm.
(Foto: Privat)... das ist der Monat, in dem das Grafinger Kneipenfest für gewöhnlich stattfindet.
Richtig, immer am letzten Samstag im Juni. Nur wenn im Sommer Fußball-WM oder -EM ist, dann verschieben wir es meist um eine Woche nach hinten. Heuer kamen uns die Grafinger Trachtler zuvor, die an diesem Tag ihre Fahnenweihe gefeiert haben - nach zwei Jahren beinahe vollständigem Stillstand in der Veranstaltungsbranche merkt man, dass viele Vereine und Organisationen nun ihre Events nachholen, alles parallel sozusagen. Da kann es passieren, dass zwei Veranstalter mit demselben Tag liebäugeln. Wir möchten uns nicht gegenseitig das Publikum wegnehmen, also haben wir das Kneipenfest ein drittes Mal verschoben, auf den 3. September. Durch diese ganze Umherschieberei war die Organisation deutlich aufwändiger als wir es gewohnt sind.
Aber hat wenigstens alles geklappt?
Nicht ganz. Aber das ist eigentlich klar, finde ich. Denn wer am 27. Juni 2020 Zeit gehabt hätte, der ist eben nicht auch automatisch am 25. Juni 2022 verfügbar - das wäre der ursprüngliche Termin in diesem Jahr gewesen. Und von denjenigen, die für diesen Tag zugesagt haben, können dann wiederum nicht alle am 3. September: Bei manchen Bands sind Mitglieder im Urlaub oder haben andere Verpflichtungen, sodass es mit einem Auftritt nicht hinhaut. Von ursprünglich 14 Bands und Musikern, die wir für 2020 vorgesehen hatten, sind sieben Acts übrig geblieben. Da fängt man dann also wieder an, umherzufragen, um die wieder freigewordenen Spots zu füllen.
Mit Gracenotes verschlägt es heuer auch eine Band aus dem Ausland nach Grafing - die Gruppe kommt aus der Innsbrucker Gegend.
(Foto: Veranstalter)Welche Kriterien setzen Sie für die Auswahl der Bands an?
Ich versuche, so viele lokale Bands wie möglich einzubinden - aber nicht in jedem Jahr die gleichen: Zwei Jahre hintereinander einen Auftritt beim Grafinger Kneipenfest gibt´s nicht. Mittlerweile fällt das hiesige Angebot jedoch zu gering aus, um damit das Kneipenfest auf die Beine zu stellen. Also höre ich mich eben auch im weiteren Umfeld um. So hatten wir in der Vergangenheit schon Musiker aus Dresden oder Köln zu Gast, heuer kommt mit Gracenotes eine Band aus der Innsbrucker Gegend. Die spielen Irish-Power-Punk-Gedöns - es ist unbeschreiblich, da lösen sich die Saiten von den Fiedeln, so wie die loslegen. Die wollten wir unbedingt dabei haben!
Seit vielen Jahren schon versucht Rudi Baumann, die "Panzerknacker" für das Kneipenfest in Grafing zu gewinnen - in diesem Jahr hat es endlich geklappt.
(Foto: Veranstalter)Ist Gracenotes also Ihr persönliches Highlight beim diesjährigen Kneipenfestival?
Nein, so würde ich das nicht sagen. Es kommen zum Beispiel auch die Panzerknacker - die sind eine Legende und wir versuchen seit vielen Jahren, dass sie bei uns spielen. Aus terminlichen Gründen ist es bislang nie dazu gekommen. Aber dieses Jahr hat es endlich geklappt! Oder Bud'n'Cellar, die kenne ich schon seit 40 Jahren und die zwei Musikerinnen können mit ihren Akustikgitarren "Jolene" spielen, da würde sich bestimmt Dolly Parton persönlich niederknien! Ach, ich könnte zu jedem einzelnen Act eine tolle Geschichte erzählen, warum man ihn unbedingt sehen und hören sollte. Eigentlich ist also das ganze Fest ein Highlight (lacht).
Bedeutet das, Sie kennen alle Bands und Musiker, die am Kneipenfest auftreten, persönlich?
Ich habe immer jede einzelne Band live gesehen, bevor ich sie buche - entweder bei einem Live-Auftritt oder manchmal auch im Probenraum, wenn es vielleicht noch keine Publikumserfahrung gibt. Ab und an sage ich dann auch: "Super Sache, die ihr da macht's, aber es reicht noch nicht ganz - probt's noch ein oder zwei Jahre, dann schauen wir nochmal!"
Rudi Baumann (2. v.r.) tritt in diesem Jahr in zwei verschiedenen Formationen auf: einmal mit "Rudi Baumann and friends" (siehe Foto) und das andere Mal mit "Mardi Gras Roof Top Projekt".
(Foto: Veranstalter)Das klingt ganz schön streng! Ist eine solche Absage für eine junge Band, die Musik als Hobby betreibt, nicht demotivierend?
Das sehe ich nicht so. Früher, als man als Band noch eine Demo-Kassette aufgenommen und verschickt hat, um Auftritte zu bekommen - da konnte man davon ausgehen: Wenn das gut klingt, dann kann die Band auch was. Heute ist das anders. Mit technischem Know-how und viel Mühe lässt sich selbst mit einem Tablet etwas Ordentliches zusammenstöpseln, sobald man ein paar gerade Akkorde spielen kann. Aber wie es dann live ausschaut ... live ist immer eine andere Hausnummer. Deshalb halte ich es für wichtig, dass ich das vorab zu hören bekomme.
Sie sind also so etwas wie der Türsteher vom Kneipenfest: Erst einmal muss man Sie überzeugen, um überhaupt hinein zu kommen. Gibt es noch weitere mögliche Hürden?
Die Locations. Da haben die Wirte ein Wörtchen mitzureden. Wenn zum Beispiel etwas kommt wie "bitte keine Rockband, weil das zu unserem Publikum einfach nicht passt", dann versuchen wir das so gut es geht zu berücksichtigen. Noch viel mehr liegt es aber an der Location selbst: Wenn ich eine Band mit zwölf Mitgliedern und Instrumenten unterbringen muss, es aber keinen Ort gibt, der dafür genügend Platz bietet, dann klappt es mit dem Act eben leider nicht. Genau dieser Fall ist in diesem Jahr übrigens eingetreten: Große Bands konnten bislang in der Turmstube in der Stadthalle spielen. Die wird aber aktuell saniert und fällt deshalb weg. Dementsprechend können wir heuer auch keine Bands mit vielen Köpfen unterbringen.
Das Kneipenfest Grafing findet statt am Samstag, 3. September, von 19 Uhr an in 14 verschiedenen Locations, Tickets sind im Vorverkauf für 10 Euro erhältlich. Mehr Infos über Vorverkaufsstellen, Locations und Bands gibt es online unter kneipenfest-grafing.de.
