Süddeutsche Zeitung

Klimaschutz:Fleckvieh soll das Klima retten

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Von Sara Kreuter

Klimaschutz beginnt auf der kleinsten Ebene, so lautet das Motto der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) in Grub bei Poing. Während also gleichzeitig Spitzenpolitiker aus aller Welt bei der diesjährigen UN-Klimakonferenz in Marrakesch über konkrete Umsetzungsmöglichkeiten des Pariser Abkommens beraten, versuchen auch die Wissenschaftler in der LfL zu erfassen, was die neuen Klimaschutzziele für die bayerische Landwirtschaft bedeuten.

Aus gutem Grund: Schließlich soll gerade die Landwirtschaft einen erheblichen Teil dazu beitragen, dass die im Pariser Abkommen festgehaltenen Klimaschutzziele eingehalten werden können. So soll beispielsweise die Treibhausgasemission der Landwirtschaft bis 2030 um 30 Prozent gegenüber 1990 reduzieren werden.

Damit ist die Minderung von Treibhausgasemissionen längst keine noble Geste übereifriger Umweltschützer mehr, sondern wird zu einer Verpflichtung - welche die LfL ernst nehmen will: "Wir müssen jetzt aktiv werden", betonte Hubert Spiekers bei einem Pressegespräch in Grub. Als Mitglied des LfL-Präsidiums zeigte er sich zuversichtlich: Die bayerische Landwirtschaft könne die Klimaschutzziele bis 2030 erreichen, ohne die Produktion einzuschränken, wenn die aktuell besten Betriebe Bayerns Vorbild und zukünftiger Standard für weniger emissionseffiziente Betriebe würden.

Da die Treibhausgase aus der bayerischen Landwirtschaft hauptsächlich aus der Milch- und Rindfleischproduktion stammen, liegt dort das Hauptaugenmerk für künftige Klimaschutzmaßnahmen. "Natürlich entstehen durch den Verdauungsprozess der Kühe Emissionen, die sich nicht einfach abstellen lassen, wie ein Atomkraftwerk" scherzte Annette Freibauer, Leiterin des Instituts für Ökologischen Landbau, Bodenkultur und Ressourcenschutz (IAB). Freibauer war bei der UN-Klimakonferenz vergangenen Jahres in Paris dabei und weiß: "Klimaschutz drängt und Veränderung ist möglich, also müssen wir tragfähige Konzepte für die Zukunft entwickeln".

Als ein mögliches Zukunftskonzept präsentiert die LfL zwei ihrer Kühe, Hora und Ostra. Hora und Ostra zählen zu dem sogenannten Fleckvieh, eine Zweinutzungsrasse für Milch- und Fleischproduktion - laut Spiekers die Zukunft der klimafreundlichen Landwirtschaft.

"Früher wurden wir wegen unseres Fleckviehs oft belächelt, heute werden wir beneidet", bestätigte auch Christoph Härle, der Leiter der LfL-Versuchsstationen. Denn wie die LfL in einer Teststudie herausfand, ist Fleckvieh nicht nur profitabel im Hinblick auf die Produktionsmenge von Milch und Fleisch, sondern schneidet deutschlandweit am klimafreundlichsten ab.

Neben der Nutzung von Fleckvieh hat die LfL weitere Maßnahmen für die Arbeit auf dem Feld, im Stall und am Hof erarbeitet, die Emissionen der bayerischen Landwirtschaft vermindern sollen. Vor allem in der Futtermittelproduktion soll effizienter gewirtschaftet und an Kraftfutter gespart werden. Auf dem Feld sollen möglichst wenig mineralische Düngemittel eingesetzt und Wirtschaftsdünger in einer Hofbiogasanlage verwertet werden. "Es gibt kein einfaches, allgemeingültiges Rezept", erläuterte Freibauer, "sondern tausend verschiedene Stellschrauben, an denen kleine Verbesserungen notwendig sind".

Deshalb startet die LfL unter dem Arbeitstitel "Treibhausgas-Minderung Landwirtschaft" ein neues, dreijähriges Projekt mit Leuchtturmbetrieben, die bereits einige dieser Klimaschutz-Maßnahmen in die Praxis umsetzen. Langfristig sollen daraus tragfähige und umweltschonende Konzepte für andere Betriebe entstehen.

Vor allem aber müsse, so Spiekers, das Bewusstsein der Bevölkerung - und besonders der Betriebe - für Umweltschutz erhöht werden. Kein neues Ziel, eigentlich, aber eine "immerwährende Herausforderung".

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Quelle:
SZ vom 11.11.2016
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