Rodung für Freizeiteinrichtung:Wald ist nicht gleich Wald

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Hier parken am Wochenende die Autos auf der Straße, deswegen soll der derzeitige Parkplatz des Vaterstettener Kletterwaldes vergrößert werden. (Foto: Christian Endt)

Der Kletterwald in Vaterstetten braucht mehr Parkplätze, dafür sollen Bäume fallen. Zwar ist an anderer Stelle eine Aufforstung geplant, dem Bund Naturschutz geht das jedoch nicht weit genug.

Von Mercedes Muth, Vaterstetten

„Wir wollen alle das Gleiche“, sagt Wolfgang Estermann, Besitzer des Vaterstettener Kletterwaldes. Vor ihm sitzen etwa 25 Personen, die meisten in der Runde gehören der Vaterstettener Ortsgruppe des Bundes Naturschutz an. Nachdem im vergangenen November der Gemeinderat für eine Rodung im Bannwald gestimmt hatte, brach Protest unter den Mitgliedern aus. Nun luden sie in einem Lokal in Baldham zum Stammtisch ein. Vor Beginn der Diskussionsrunde legte Gregor Häuser, Ortsvorsitzender des Vereins, den Sachverhalt dar.

Das derzeitige Problem: Die Autos parken am Wochenende auf der Straße und halb im Graben. Dass das so nicht weitergehen kann, darin sind sich Kletterwaldbesitzer und die Mitglieder des Bundes Naturschutz einig. Im Gemeinderat wurde die Verdoppelung der Parkplatzfläche inklusive dafür nötiger Rodung bereits genehmigt. Dabei genießt das Gebiet momentan als Bannwald besonderen Schutz. Laut Plan wäre Estermanns Grundstück nach der Rodung nur noch ein Sondergebiet.

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Die beliebte Freizeiteinrichtung in Vaterstetten braucht mehr Parkplätze, außerdem soll die Außengastronomie erweitert werden. Dass dafür Bäume fallen sollen, gefällt nicht allen.

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„Bannwald ist tabu“, sagt Johann Taschner, ehemaliger Chef der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt. Rechtlich gesehen wäre eine Rodung für einen Parkplatz nicht erlaubt. Taschner vermutet allerdings, dass das Gebiet in seiner aktuellen Nutzform sowieso schon kaum noch als Bannwald durchgehen würde.

Die Naturschutzmitglieder, auf ihrer eigenen Veranstaltung natürlich in der Überzahl, fordern eine andere Lösung. Sei es mehr Werbung für die Anreise mit dem Fahrrad oder sogar ein Verbot für Anreisen mit dem Auto. Doch was sie vor allem umtreibt, ist die Angst vor einem Präzedenzfall. „Wenn hier in Vaterstetten der Bannwaldstatus aufgelöst wird, dann werden auch andere Gemeinden sich darauf berufen“, so Häuser.

Kletterwaldbesitzer Estermann verweist auf die Wiederaufforstung für die gerodeten Bäume

Daraufhin kommt der Kletterwaldbesitzer zu Wort. Für ihn sei die Aktion der aktivste Naturschutz. Denn „der Wald kommt nicht weg, der wird woanders angepflanzt“. Für die etwa 1600 Quadratmeter gerodete Fläche entstehen in unmittelbarer Nähe und in Zorneding insgesamt 19.000 Quadratmeter neuer Wald. Er bezeichnet seinen Kletterwald als Teil des nachhaltigeren Lokaltourismus, der auch Verbundenheit zur Natur fördere. Kindern die Wertschätzung des Waldes nahezubringen, sei seine Mission.

Danach herrscht große Empörung, Kindern den Wald näherzubringen, indem man diesen abholzt, sei doch ein Widerspruch in sich, sagt Grünen-Gemeinderat David Göhler. Und Taschner sagt: „Dass der neue Wald wieder die gleiche Funktion erfüllt, das erleben wir alle nicht mehr.“ Woraufhin Vaterstettens Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU) einräumt: „Klimaschutz darf man doch nicht nur in einer Woche denken.“ Seine Stellvertreterin Maria Wirnitzer (SPD) plagen noch andere Bedenken. Laut ihr habe Estermann schon einmal das Vertrauen der Gemeinde missbraucht, denn mit seinem neuen Bauantrag würden auch Dinge legalisiert, für die vorher nie ein Antrag genehmigt worden sei, zum Beispiel Sitzgelegenheiten um einen Kiosk herum. Die Zweite Bürgermeisterin fragt sich, ob er in zehn Jahren dann noch mehr roden und noch weitergehen wolle?

Für den Klimaschutz könnte die Aufforstung vorteilhaft sein – für die Gemeinde eher nicht

Dass die Aufforstung nicht nur schlechte Seiten hat, muss auch Taschner zugeben: „Für das Klima wäre das ein Gewinn.“ Doch eben nicht für die Vaterstettener, entgegnet Grünen-Gemeinderätin Martina Ruoff, der Lärm, die Emissionen von den Autos, die schirme der Wald doch ab. Ein neuer Wald in Zorneding würde der Gemeinde hingegen nicht viel bringen. Und das, obwohl auch in Vaterstetten die Ausgleichsfläche größer wäre als die gerodete.

Einig werden sich beide Parteien am Ende nicht so wirklich, bloß das gemeinsame Problem erkennen sie. Trotzdem lobt Gastgeber Gregor Häuser den positiven Verlauf der Veranstaltung: „Beide Seiten sind zu Wort gekommen.“

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