Kleinkunstbühne Weinbeisser:Kabarett in der Flugzeugküche

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Sigi Zimmerschied, Martina Schwarzmann oder Marcus H. Rosenmüller: Große Namen schätzen die Kleinkunstbühne Weinbeisser - trotz ihrer nur 1,5 Quadratmeter.

Martin Mühlfenzl

Es ist eng im Anzinger Weinbeisser. Als habe er Erfahrung als Steward in winzigen Flugzeugküchen, kümmert sich Rudi Zapf geschickt um die Getränke und Brotzeitteller seiner Gäste, die es sich in den zwei urigen Bauernstuben gemütlich gemacht haben. Behaglich und familiär geht es im altehrwürdigen Anzinger Böglhof zu, der ein besonderes Kleinod sein Eigen nennen darf: Die mit nur 1,5 Quadratmetern vermutlich kleinste Bühne der Welt.

Kommt im Herbst zur Kleinkunstbühne Weinbeisser: Marcus H. Rosenmüller (Foto: N/A)

In der kommenden Woche eröffnet der Tiroler Kabarettist Ludwig Wolfgang Müller am Mittwoch, 15. September, mit seinem Programm "Der Paragraphenreiter" die Herbst- und Wintersaison im Weinbeisser und wird wohl exakt 32 Gäste in die urgemütliche Stube locken. "Denn mehr passen bei uns auch nicht rein", erläutert Zapf, der als weit über die Grenzen der Republik hinaus bekannter Hackbrettvirtuose selbst Teil des neuen Programms ist.

Zahlreiche große Namen erwartet der Gastwirt in diesem Herbst. Darunter Künstler, die in der Regel große Hallen mit mehreren hundert Zuschauern füllen: Sigi Zimmerschied etwa, Martina Schwarzmann oder Marcus H. Rosenmüller.

Es ist die glückliche Kombination aus Zapfs persönlichen Kontakten und seinem unermüdlichen Engagement, die dem Weinbeisser das Renommee einer funktionierenden und lebendigen Kleinkunstbühne hat zuteilwerden lassen - für Gäste und Künstler gleichermaßen. "Bei Martina Schwarzmann zum Beispiel habe ich nicht anrufen müssen", sagt Zapf nicht ohne Stolz. "Sie ist auf mich zugekommen, weil sie wieder bei mir spielen will." Wohl auch aufgrund der Anfänge ihrer kabarettistischen Karriere, die Anfang des Jahrtausends im Weinbeisser ihren Anfang nahm.

Doch Rudi Zapf führt keinen Kampf um große Namen und vermeidet jede Konkurrenz mit anderen Bühnen: "Mir geht es nicht darum, um jeden Preis möglichst viele Zuschauer anzulocken." Die eigenen Interessen bestimmen die Auswahl des Musikers und Veranstalters. "Der Weinbeisser ist so etwas wie meine persönliche Casting-Bühne", sagt Zapf und lacht. "Bei mir gilt die Devise: Ich lade Künstler ein, die ich gerne sehen, wiedertreffen oder neu kennen lernen will."

Dabei pflegt Zapf eine besondere Leidenschaft: Lesungen. "Dafür gibt es sonst kaum noch Raum und Bühnen. Im Weinbeisser schon." Reichtümer vermag Zapf schon aufgrund der Größe seines gemütlichen Lokals aber nicht anzuhäufen - die Leidenschaft für die Kunst treibt den Ottersberger Musiker an: "Gewinn springt mit dem Weinbeisser nicht heraus. Aber das ist nicht wichtig. Für mich ist es eine Liebhaberei." Was manchem Skifahrer die eigene Hütte in den Bergen ist, erläutert Zapf, stellt für ihn selbst der alte Hof am Rande Anzings dar: "Mit all seinen Macken und der Arbeit, die ich dafür aufbringen muss." Denn die beiden Bauernstuben werden nur über einen alten Holzofen geheizt, der Hof muss gefegt und sauber gehalten werden und im Winter räumt Zapf selbst Schnee, um ausreichend Parkplätze zu schaffen. Diese natürliche Atmosphäre scheinen auch die Künstler zu schätzen. Denn wie sonst lässt es sich erklären, dass der für seine Ausflüge ins Publikum bekannte und gefürchtete Sigi Zimmerschied sich im Weinbeisser mit einem Aktionsraum von nur 1,5 Quadratmetern zufrieden gibt.

© SZ vom 08.09.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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