Klassik trifft Pop:Licht an für die Don Camillos

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Großer Moment: Der Baldhamer Chor "Don Camillo" und die Musiker der Band "Revolverheld" performen den Song "Spinner" gemeinsam. (Foto: Veranstalter)

Der Vaterstettener Chor steht mit der Band "Revolverheld" auf einer Bühne - ein großes Abenteuer

Von Jonas Wengert, Vaterstetten/Freyburg

Für kurze Zeit war der große Auftritt in Gefahr. "Ich hatte das Gruppenticket für den gesamten Chor im Gepäck - und dann macht die Bahn plötzlich eine Vollbremsung", schildert Signe Faber den Schockmoment am Abreisetag. Einer der Waggons war defekt. Gott sei Dank habe man diesen aber nach einer Zeit abhängen können, und so sei sie gerade noch rechtzeitig zu ihren wartenden Kolleginnen und Kollegen gestoßen, berichtet Faber weiter. Dann konnte für Don Camillo die Reise nach Freyburg in Sachsen-Anhalt beginnen, die in ein Konzertwochenende mündete, das die rund 30 Sänger wohl so schnell nicht vergessen werden.

Das Ensemble aus Baldham hatte sich mit einem selbstgedrehten Video für einen Platz bei der "Nacht der Chöre" beworben und via Online-Abstimmung den Zuschlag erhalten. Der Preis: ein gemeinsamer Auftritt mit Revolverheld, einer deutschlandweit bekannten Pop-Rock-Band. Laut Faber ein "Wahnsinnserlebnis". Schon allein die Proben und der Soundcheck seien beeindruckend gewesen. Zwar habe man auch schon mit Bigband gespielt, aber "was dort an Technik und guter Ausstattung aufgeboten wurde, war für uns sicher einmalig", erzählt Faber. Außerdem sei die Stimmung während des Konzerts unglaublich gewesen, für die Sängerinnen und Sänger habe sich der Auftritt mit Lichtshow und Konfettiregen auf der Bühne sogar fast ein wenig unwirklich angefühlt. Genauso wie die Menge im Saal, ein Stehpublikum von 500 Leuten. "Das ist ungefähr das Doppelte von dem, was wir sonst so gewöhnt sind", so Faber.

Veranstaltet wurde die "Nacht der Chöre" von einer ostdeutschen Sektkellerei, die ihren "Lichthof" dafür zur Verfügung stellte, ein altes Steingemäuer mit Glaskuppel. Neben den Baldhamer Sängern standen noch zwei weitere Gesangsgruppen aus Trier und Erfurt mit auf der Bühne. Zu Beginn spielten Revolverheld alleine, danach gesellten sich nacheinander die Chöre für je ein gemeinsames Stück zu den Profimusikern. Don Camillo durfte den Song "Spinner" mit ihnen performen.

Chorleiter Matthias Seitz musste für das Projekt den Dirigentenstab vorübergehend an den bekannten Musikproduzenten Dieter Falk abgeben. Dieser hatte die Don Camillos bereits zwei Wochen zuvor für ein Coaching in Vaterstetten besucht. "Mit ihm hatten wir wirklich einen ganz tollen Kontakt", erzählt Seitz. "Der ist mit viel Herzblut dabei und man hatte nie das Gefühl, dass da ein Promi nur sein Ding durchziehen will." Im Gegenteil, Falk habe mit seiner Erfahrung gute Tipps gegeben, wie man sich als Chor gegen eine Band durchsetzen könne. "Normal singen wir ja a cappella", so Seitz, insofern seien diese Ratschläge besonders wertvoll gewesen. Der reguläre Chorleiter stellte sich währenddessen einfach zu den anderen Bassstimmen. Er habe ja selbst jahrelang im Chor gesungen, so Seitz, von daher sei das überhaupt kein Problem gewesen.

Auch Sopranistin Karolin Rappelt spricht mit Begeisterung von Falks Arbeit: "Wenn er dirigiert, versprüht er eine unglaubliche Energie, das steckt einen richtig an." Dieses Lob ist umso bemerkenswerter, als Rappelt der ganzen Geschichte gegenüber eigentlich eher skeptisch gewesen war. "Privat bin ich kein Revolverheld-Fan", gibt sie zu. Der gemeinsame Auftritt sei aber eine coole Erfahrung gewesen, genauso wie die Möglichkeit, einmal einen kleinen Blick hinter die Kulissen eines solchen Events werfen zu können. Den Kontakt zur Band beschreibt sie hingegen als ein wenig enttäuschend: "Klar, die waren sehr freundlich und höflich, aber man kam nicht wirklich an sie ran." Vor allem eine kleine Ansprache vor dem gemeinsamen Auftritt wäre nett gewesen. Für den Chor aber seien die drei gemeinsamen Tage eine tolle Teambuilding-Aktion gewesen, sagt Faber. "Außerdem haben wir mit den anderen Sängern in der Hotellobby noch unsere eigene kleine After-Show-Party geschmissen", erzählt sie und lacht. Zum Finale des Konzerts standen die drei Gruppen ohnehin bereits zusammen auf der Bühne: Mehr als hundert Sängerinnen und Sänger gaben die Songs "Lass uns gehen" und "Das kann uns keiner nehmen" zum Besten.

Nein, all die Erfahrungen von der Bewerbung bis zum Auftritt kann den Don Camillos niemand mehr nehmen. Eine große Karriere streben sie deswegen aber nicht an. "Es war schön, den Horizont zu erweitern, aber wir wissen, wo wir zu Hause sind, und bleiben auch in Zukunft ein Laienchor." So fasst Faber das Abenteuer zusammen. Im nächsten Jahr feiert das Ensemble 25-jähriges Bestehen, die Planungen für das nächste große Konzert sind schon im Gange.

© SZ vom 17.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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