Klassik:Klagendes Horn, jubelnde Trompete

Beethoven für Kinder

Ein kleines, aber hochkarätiges Ensemble hat Heinrich Klug, Chef der Familienkonzerte der Münchner Philharmoniker, mit nach Neukeferloh gebracht, um dem Nachwuchs Beethoven nahezubringen.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ein Erlebnis: "Beethoven für Kinder" bei den Rathauskonzerten Vaterstetten

Von Anja Blum, Grasbrunn

Wer kennt sie nicht, die unsterblichen, viel zitierten Melodien des großen Ludwig van Beethoven? Kann man sie überhaupt noch reinen Ohres hören? Oh ja!, muss man sagen nach dem jüngsten Rathauskonzert Vaterstetten, einer Spezialausgabe für Kinder. Denn dort wurde das musikalische Genie nicht mit heiligem, steifem Ernst gefeiert, sondern mit unverfälschter, lebendiger Freude. Zum 250. Geburtstag hat Heinrich Klug, ehemals Solocellist und seit langem Chef der Familienkonzerte der Münchner Philharmoniker, dem berühmten Komponisten ein ganzes Programm gewidmet: "Beethoven für Kinder", heißt es schlicht.

Doch nicht nur bei diesen vermag es Begeisterung zu wecken, sondern auch bei älteren Zuhörern. Denn wann darf man in einem Konzert schon mal selbst "Freude schöner Götterfunken" schmettern? Oder andere, von Klug erdachte Zeilen zu Beethovens Sinfonien? "Ach, wie so schwer, ist doch mein Los" heißt es zum "Ta, ta, ta, taa" zu Beginn der fünften. Wie ein roter Faden durch das Programm zieht sich die "Ode an die Freude", der vierte Satz der neunten Sinfonie. Er dient dazu, Instrumente vorzustellen, macht aber auch aus Musikern und Publikum ein großes, fröhliches Ensemble, ganz nach dem Motto "alle Menschen werden Brüder". Über der Bühne prangt, neben dem berüchtigt strengen Konterfei des Komponisten, der Text zum Mitsingen - wundervolle Poesie aus der Feder Friedrich Schillers. Schade, dass der Saal an diesem Nachmittag zwar gut gefüllt ist, aber nicht ausverkauft.

Es ist ein kleines, aber hochkarätiges Ensembles, das Heinrich Klug ins Bürgerhaus Neukeferloh mitgebracht hat. Es setzt sich zusammen aus Mitgliedern und Akademisten der Philharmoniker, hinzukommen wieder Talente, die zeigen, welch' Können am Instrument schon in jungen Jahren möglich ist: Der Geiger Andrea Cicalese und der Trompeter Daniel Grenda haben beim Bundeswettbewerb von "Jugend musiziert" jeweils Höchstpunktzahl erreicht - und begeistern mit dementsprechend makellosem Spiel.

Fünf Streicher und sechs Bläser stehen in diesem Programm insgesamt bereit, um dem Nachwuchs Beethovens Musik nahezubringen. Es erklingen Ausschnitte aus diversen Werken, vom Violinkonzert bis zum Trio, arrangiert für kleine Besetzung. Doch nicht nur das, auch die Instrumente selbst sollen die Kinder besser kennenlernen. In der Pause können sie sich zu einem Quiz anmelden, und die Schlange ist lang. Anschließend verschwinden die Musiker hinter Tafeln, auf die ihr jeweiliges Instrument gezeichnet ist. Die jungen Zuhörer sollen allein am Klang erraten, wer gerade spielt. Geige oder Bratsche? Oboe oder Klarinette? Im ersten, solistischen Durchgang gelingt das noch erstaunlich gut, als dann aber mehrere Instrumente gleichzeitig erklingen, ist das für die jungen Ohren schon eine Herausforderung. Doch keine Bange: Der bestens aufgelegte Maestro hilft, wann immer Not am Kinde ist.

Darüber hinaus gibt es natürlich auch ein bisschen Musiktheorie: Die jungen Zuhörer lernen die Tonleiter kennen (18 Läufe rauf und runter gibt es bei Beethoven zu zählen), die unbarmherzigen Schläge des Metronoms sowie den Unterschied zwischen Dur und Moll. Klug spricht von "schnellen, schweren Noten", von "schönen Melodien", und erklärt anschaulich, wie ein Thema von einem Instrument zum nächsten wandert. Eher eine Nebenrolle spielt die Biografie des Komponisten zwischen Wiener Klassik und Romantik: Thematisiert wird nur sein zunehmender Hörverlust, der ihm laut Klug unter Zeitgenossen den Ruf eines Miesepeters einbrachte. "Er war aber nur total wütend und traurig, weil er gerne eine Frau gehabt hätte und nichts mehr hören konnte." Doch trotz völliger Taubheit habe Beethoven am Ende "die allerschönste Musik" komponiert, in der wütende Traurigkeit immer auch große Freude gegenüber stehe. "Erst klagt das Horn, doch dann jubelt die Trompete", erklärt Heinrich Klug den Kindern die berühmte Fünfte und legt dem Komponisten singend Worte in den Mund: "Die Musik ist mein ganzes Glück!"

Das Schönste aber ist: Die jüngsten Zuhörer kennen gegenüber der Hochkultur keine Berührungsängste. Ziemlich bald hocken einige Kinder auf dem Boden vor der Bühne, mal staunend, mal lümmelnd, mal träumend. Und schnell werden es mehr, am Ende sitzen sie gar ganz oben, am Bühnenrand, belagern die Musiker regelrecht. Doch die Profis beweisen Nerven, lassen sich von den kleinen, neugierigen Fans kein bisschen aus der Ruhe bringen, selbst bei virtuosen Soli nicht.

Für die Älteren im Publikum übrigens hält das schön gestaltete Programmheft noch einige Bonmots aus Beethovens Leben bereit, zum Beispiel Schriftwechsel. So unterschrieb der reich gewordene Bruder des Komponisten einst einen Brief mit "Johann von Beethoven", Gutsbesitzer", woraufhin die Antwort kam von "Ludwig van Beethoven, Hirnbesitzer".

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