Klares Ergebnis:Ende einer Ära

Zum ersten Mal seit 1995 verliert die CSU in Vaterstetten eine Bürgermeisterwahl. Besonders die Bewohner des dicht bebauten Südens haben für Georg Reitsberger und seine Agenda des behutsamen Wachstums gestimmt.

Von Wieland Bögel

Klares Ergebnis: Vaterstettens neuer Bürgermeister Georg Reitsberger. Foto: Endt

Vaterstettens neuer Bürgermeister Georg Reitsberger. Foto: Endt

(Foto: Christian Endt, Fotografie & Lic)

So unsicher der Wahlausgang bis zuletzt auch gewesen sein mag, eines ist sicher: Mit dem Sieg Georg Reitsbergers bei der Bürgermeisterwahl geht eine Ära zu Ende: Jene des scheinbar unaufhaltsamen Erfolges des Vaterstettener CSU-Ortsverbandes. Begonnen hatte diese Ära, als der damals 30-jährige Robert Niedergesäß im Februar 2001 dem Amtsinhaber Peter Dingler von der SPD das Bürgermeisteramt abringen konnte. Knapp ein Jahr später konnte man in Vaterstetten erneut feiern: Der langjährige Ortsvorsitzende Gottlieb Fauth wurde zum Nachfolger des aus Altersgründen nicht mehr angetretenen Landrates Hans Vollhardt gewählt.

Auch die Wahlniederlage der Vaterstettener CSU ist mit den Namen Fauth und Niedergesäß eng verbunden. Denn nachdem Fauth sein Amt aus gesundheitlichen Gründen aufgeben musste, nominierte der CSU-Kreisverband den Vaterstettener Bürgermeister als Landratskandidaten. Und zunächst schien die Glückssträhne der Vaterstettener anzuhalten: Niedergesäß gewann die Landratswahl, wenn auch denkbar knapp. Das Problem seiner Nachfolge im Rathaus wollte die CSU mit einer Überraschung lösen. Eine Woche nach Dienstantritt des neuen Landrats präsentierte man die kurz zuvor in die Partei eingetretene Bauamtsleiterin Brigitte Littke als Kandidatin. Parteiinterne Verwerfungen durch sich übergangen fühlende langjährige Gemeinderätinnen, nahm der Vorstand billigend in Kauf. Auch eine Strategie, wie man der den meisten Vaterstettenern unbekannten Bewerberin Zeit verschaffen könnte, sich bis zur Wahl populär zu machen, hatte die CSU ausgearbeitet: Der Wahltermin wurde nach hinten verschoben, statt wie üblich 90 Tage nach Freiwerden des Amtes, stimmten die Vaterstettener erst nach fünf Monaten über den neuen Bürgermeister ab.

Dass dies nicht den gewünschten Effekt hatte, lag natürlich zum großen Teil an der Popularität des Gegenkandidaten. Im Gegensatz zu Littke musste sich Reitsberger nicht bekannt und beliebt machen, er war es längst. Aber auch Faktoren, welche die CSU-Strategen nicht ansatzweise voraussehen konnten, haben die CSU schließlich die Wahl gekostet. Etwa das erneute Scheitern der Ausschreibung für das neue Ortszentrum, ein Projekt, dem die Freien Wähler immer sehr skeptisch gegenüber standen und sich nun bestätigt sehen konnten.

Aber auch strategische Fehler, wie der Schwenk der CSU-Kandidatin bei der Frage zur Zukunft der Wendelsteinschule, haben Stimmen gekostet. Littke sprach sich im Wahlkampf für einen Neubau am alten Platz aus, das Geld sollte aus zusätzlichen Baulandverkäufen stammen. Damit kündigte die CSU nicht nur das interfraktionell und unter Teilhabe zahlreicher Interessenverbände erarbeitete Gemeindeentwicklungsprogramm auf, sie verunsicherte offenbar auch die Freunde der Wendelsteinschule. Denn seine besten Ergebnisse erzielte Reitsberger in Vaterstetten, in einem Stimmbezirk bekam er sogar 68,87 Prozent. Auch in den übrigen Stimmbezirken im dicht bebauten Süden lag Reitsberger meist in Führung. Sein Versprechen, er werde sich für den Erhalt der Gartenstadt und gegen ausuferndes Wachstum einsetzen, kam hier offenbar an. Littke konnte dagegen, wie bereits im ersten Wahlgang, in den Ortschaften punkten. So erzielte sie in Parsdorf 65,06 Prozent der Stimmen, was ihrem Versprechen, sie werde die vom Gegenkandidaten abgelehnte Umgehungsstraße umsetzen, zu verdanken ist.

Wahlentscheidend war auch die Unterstützung Reitsbergers durch fast alle anderen Parteien. Die Grünen hatten zwar nie offiziell für Reitsberger geworben, aber seine Agenda - behutsames Wachstum, Verzicht auf Umgehungsstraßen und Erhalt der Wendelsteinschule - stets sehr gelobt. Die SPD sprach sich, nachdem ihre Kandidatin Heike Tischler im ersten Wahlgang ausgeschieden war, ebenfalls für Reitsberger aus. Dies schlug sich im Ergebnis nieder: Während Littke in der Stichwahl mit 44,24 Prozent sogar ein etwas schlechteres Ergebnis erzielte, wie zwei Wochen zuvor, konnte sich Reitsberger um 14,74 auf 55,76 Prozent verbessern. Er hat damit nicht nur sämtliche SPD-Stimmen eingesammelt, sondern auch der CSU noch ein knappes Prozent abnehmen können.

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