Kita Grafing:Potenzial auf dem Dach

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Aus der Aufstockung des geplanten Grafinger Kinderzentrums um Personalwohnungen wird wohl nichts - zumindest vorerst

Von Thorsten Rienth, Grafing

Die Mieten sind hoch im Münchner Speckgürtel. Doch wer in sozialen Berufen arbeitet, verdient in aller Regel wenig. Die SPD wollte deshalb die Pläne für das Kinderzentrum in der Forellenstraße umschreiben: In einem zusätzlichen Stockwerk sollten bis zu zehn Wohnungen entstehen und von der Stadt günstig an das Personal dieser und anderer Grafinger Einrichtungen vermietet werden. So einfach wird die Sache aber nicht, das hat die Sitzung des Bauausschusses am Dienstagabend deutlich gemacht.

"Angesichts des Fachkräftemangels im Bereich der Betreuung, Erziehung und Pflege bei gleichzeitig hohen Mieten im Großraum München ist dies aus unserer Sicht zwingend notwendig", hatte die SPD in ihrem Anfang September eingereichten Antrag geschrieben. Perspektivisch drohten Räume zur Kinderbetreuung wegen Personalmangels leer zu stehen. "Das Fundament, große Teile der Erschließung, die Heizungsanschlüsse, das Dach und anderes mehr werden ja im Rahmen der Errichtung des Kinderzentrums sowieso geschaffen", schrieb der Grafinger SPD-Vorsitzende Christian Kerschner-Gehrling. Die Mehrkosten eines dritten Stockwerks für Wohnungen seien daher vergleichsweise niedrig.

Im Grundsatz konnte der Ausschuss der Argumentation folgen. "Ich stehe voll hinter diesem Antrag", befand etwa Grünen-Stadträtin Roswitha Singer. "Dort können wir endlich Wohnraum schaffen für Leute, die keine 2000 Euro netto im Monat verdienen." Eine derart große Fläche mit einem derart kleinen Gebäude zu bebauen - "das ist doch sowieso eine Verschwendung".

"Theoretisch wäre eine solche Umplanung schon möglich", sagte Bürgermeister Christian Bauer (CSU). "Das gilt auch baurechtlich. Aber die Zeit drängt." Der Rathauschef meint damit weniger die Tatsache, dass das Kinderzentrum noch auf Planungen aus der Amtszeit seines Vor-Vorgängers Rudolf Heiler basiert. Vielmehr geht es ums Geld. Bauer fürchtet, dass Grafing aus einer aktuell noch möglichen und vergleichsweise hohen Freistaats-Förderung herausfallen könnte. "Das macht zwischen einer und zwei Millionen Euro aus", erläuterte der Bürgermeister.

Elli Huber (CSU) brachte ein weiteres Gegenargument an. "Der frühere Eigentümer tät' komplett an die Decke gehen", befand sie. Hintergrund ist, dass die Stadt das Grundstück dem früheren Eigentümer unter der Prämisse abkaufte, dort keine Wohnbebauung zu errichten. Die Vereinbarung geht zwar ins Jahr 1999 zurück, gilt aber trotzdem noch. Mindestens genauso wichtig für die Stadträtin: Die Parkplatzsituation rund um den Neubau bereits mit den aktuellen Planungen angespannt. Weitere Wohnungen würden sie in einem nicht akzeptablen Maße verschärfen.

Hubers lautstarke Intervention brachte ihr prompt Contra von Kerschner-Gehrling ein. Ob Huber als unmittelbare Nachbarin da wirklich unbefangen mitdiskutieren könne? Wenn Hubers Befürchtung zutreffe, dann müsse die Stadt eben mit dem einstigen Eigentümer über eine Nachzahlung verhandeln, sagte FDP-Stadtrat Claus Eimer. "Der gewinnt doch auch, wenn er einen zusätzlichen Geldbetrag bekommt." Und der mögliche Verzicht auf Fördergelder? "Alle Jahre wieder heißt es: Dieses oder jenes werde jetzt wirklich das letzte Förderprogramm. Aber dann kommt doch wieder ein neues um die Ecke", befand der FPD-Stadtrat. Ob nicht ein Ansatz aus der Privatwirtschaft helfen könne? "Dann zahlen wir dem Planer einen 20 000 Euro-Sonderbonus, dass der das in den nächsten sechs, acht Wochen umplant." Gemessen an der Gesamtsumme des Projekts falle der Betrag kaum ins Gewicht.

In jedem Fall wäre eine neuerliche Umplanung kein Novum. Erst Ende Juni hatte der Stadtrat die Pläne in die Tektur geschickt. So sollten die angepeilten Kosten von rund zehn auf etwa 8,5 Millionen Euro gesenkt werden. Eine Zeitverzögerung nahm man in Kauf.

Bewegung kam in die Debatte, als CSU-Fraktionschef Max Graf von Rechberg und Grünen-Stadtrat Hermann Maier eine zeitversetzte Herangehensweise ins Gespräch brachten. Das Gebäude solle nun so ausgelegt werden, dass sich in einem weiteren Planungsschritt ein drittes Stockwerk später problemlos aufsatteln lasse. Laut wenig später einstimmig gefasstem Beschluss wird die Stadt in der Zwischenzeit auch mit dem einstigen Grundstückseigentümer in Kontakt treten. Dabei will sie klären, welche Nachzahlung für den Fall einer Aufstockung und Wohnbebauung auf den einstigen Grundstückspreis aufgeschlagen werden müsse.

© SZ vom 29.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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