Süddeutsche Zeitung

Kirchseeoner Musikerin:Der Traum vom hohen Cis

Katharina Schippan aus Kirchseeon hat beim Bundeswettbewerb "Jugend musiziert" Bestnoten bekommen

Von Alexandra Leuthner, Kirchseeon

Katharina Schippan ist erst 14 Jahre alt. Ihre große Liebe aber hat sie schon gefunden. Sie ist gut 70 Zentimeter lang, 700 Gramm schwer, besteht aus mehr als 150 Einzelteilen und glitzert in fast reinem Silber. Ganz früh schon, als sie in der zweiten Klasse und, wie ihre Mutter Susanne Schippan erzählt, eher klein für ihr Alter war, fasste Katharina den Entschluss, Flöte spielen zu lernen. Aber nicht etwa Blockflöte, das vermeintlich leichter zu spielende Instrument, sondern Querflöte. Und weder die Leihflöte aus Kunststoff noch sonstige Schwierigkeiten, mit denen man als Anfänger auf einem Instrument zu kämpfen hat, konnten sie davon abbringen.

Immer wieder hört man ihre begeisterten Kommentare im Hintergrund eines Telefongesprächs mit ihrer Mutter, die längst von ersten Erfolgen ihrer Tochter berichten kann. Mit 25 Punkten - und damit der Höchstpunktzahl - hat die Jury des Bundeswettbewerbs "Jugend musiziert" die Leistung der Kirchseeonerin bewertet, und die Neuntklässlerin hat sich damit ihre große Hoffnung, eine Weiterleitung zum Bundeswettbewerb zu bekommen, mehr als erfüllt. Eine nicht unbedeutende Rolle, erzählt Susanne Schippan, habe dabei gespielt, dass Katharina noch ein zweites Instrument dabei hatte: Eine Piccoloflöte - ungeliebt bei den meisten Flötisten, wie Katharinas Lehrerin Lisa Batzer einräumt - aber ein Pfund, wenn man sie beherrscht. Batzer, die selbst regelmäßig als Querflötistin an der Bayerischen Staatsoper spielt und als Flötenlehrerin an der Musikschule Ebersberg wirkt, hat die Ausbildung Katharina Schippans vor zwei Jahren übernommen - ein Glücksfall für beide, muss man wohl sagen. "Ein Ausnahmetalent" sagt sie über ihre Schülerin, während die sich in höchsten Lobestönen über ihre Lehrerin ergeht. Batzer war es, die Katharina die Piccoloflöte nähergebracht hat, ein Instrument "auf das man sich einlassen muss", wie sie sagt. So hoch sind die Töne, deren Noten zwar im eingestrichenen Bereich notiert sind, aber gleich mal eine ganze Oktave höher klingen, dass sie jedes Orchester überlagern. "Man hört alles", beschreibt Batzer und scherzt: "Wenn die Piccoloflöte falsch spielt, dann biegt es den Kollegen im Orchester die Zehennägel auf."

Kein Wunder also, dass sich viele Flötisten nur ungern heranwagen an das kleine Instrument, das so scheinbar leicht in der Hand liegt, aber so sensibel auf jede falsche Ansprache reagiert. Katharina hat sich darauf eingelassen, mit dem dritten Satz genannt "Fiery" aus einer Sonate für Piccoloflöte und Klavier von Mike Mower, und ist für ihren Mut von der Bremer Jury beim Bundeswettbewerb belohnt worden. "Je höher der Ton, desto komplizierter der Griff", beschreibt Katharina das Spiel auf dem heiklen Instrument - und wer einmal in "Fiery" hineingehört hat, kann das Extralob gut nachvollziehen, das die Jurymitglieder ihr zukommen ließen. Noch so eine sprechende Beschreibung hat Katharina drauf, für das, was sie tut und kann mit ihrer Piccoloflöte. Für das hohe cis, das sie im ersten Satz jener Sonate spielen muss, "braucht es gefühlt einen Hochdruckreiniger". So viel dazu.

Schrecken lässt sich Katharina Schippan von solchen Herausforderungen aber nicht. Auch die erschwerten Bedingungen der Pandemie haben sie nicht davon abhalten können, pausenlos für den Wettbewerb zu üben, der ja im Vorjahr komplett ausfallen musste und in diesem Jahr online stattfand. Ein einziges Mal habe Katharina mit ihrer Partnerin am Klavier proben können für die Aufnahme, die sie in den Wettbewerb einreichte, weil es schwierig war, rechtzeitig einen geeigneten Aufnahmeraum zu finden. "Ich weiß, wie schwer so etwas ist", kommentiert ihre Lehrerin und fügt noch hinzu, "es ist schon ungewöhnlich, dass jemand in dem Alter so spielen kann und solch eine Professionalität an den Tag legt."

Fragt man Katharina, ist für sie auch schon klar, wo es einmal beruflich hingehen soll, natürlich will sie professionelle Flötistin werden, auch wenn sie noch eine ganze Weile die Schulbank drücken muss - sie besucht das Gymnasium Kirchseeon. Natürlich spielt sie dort im Schulorchester mit, sie nimmt an Stipendienseminaren teil, ist seit ihrem zweiten Jahr Teil des Musikschulorchesters, hat sich für die Kammermusikwerkstatt des Bayerischen Rundfunks beworben - sie verfolgt ihren Lebenstraum also mit aller Konsequenz. Und, sagt ihre Lehrerin, der Weg sei zwar steinig, aber die Anlagen, die habe sie, "und ich sage, wenn man einen Traum hat, dann soll man es auch versuchen".

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Quelle:
SZ vom 09.09.2021
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